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KRIEGER IN DER ZIVILISATION

Notwendigkeit der Erziehung, Bedeutung der Zivilisation, der Technik, des Lebensstandards







"We don't need no education,
we don't need no thought control ...
teachers leave your kids alone ..."

Aus Pink Floyd "The Wall", im Herbst 1979 erschienen Nun könnte ich diese Aussage von Pink Floyd als Beleg benützen, und ich tue es für die, die Belege brauchen, die noch nicht wissen, daß es keine Belege gibt, nicht wirklich. Die meisten Menschen brauchen Belege, sie sind so unsicher, sie wissen nicht aus sich selber heraus, was sie wollen, sie brauchen eine Stütze, mithilfe derer sie sich etwas verbieten oder erlauben dürfen. Wir alle brauchen diese Stützen und wir sollten sie benutzen zu dem Ziel, daß wir sie nicht mehr brauchen, diese Stimmen der Gesellschaft in uns, diesen Widerhall der Vergangenheit. Unser Bewußtsein ist gespalten in dieser Unsicherheit, wir sind entfremdet, unserem Gefühl entfremdet, durch Kräfte, die gegen uns wirken, die uns Angst machen. So wissen wir nicht, was wir eigentlich wollen. Ob unsere Gefühle uns in den Tod treiben könnten, wenn wir nicht diese Stütze hätten? Ja sie könnten, wenn wir uns nur gehen ließen, wenn wir einfach nur die Stütze ablehnten. Aber wir lernen, wenn wir uns hinter unsere Gefühle stellen und nur so. Das ist das einzige Lernen, das zählt. Für uns selber lernen, lernen unseren Gefühlen zu folgen und dabei zu überleben. Alles andere ist unwichtig: "Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, wenn er dabei an seiner Seele Schaden leidet?" (Jesus). Die Seele sind unsere Gefühle. Und diesen kann nur gerecht werden, wer ihnen folgt und ihnen den Weg bahnt. Das ist die einzige Freiheit, die es gibt.

Wir dürfen unsere Gefühle nicht mit unseren Stimmungen verwechseln. Um die Gefühle zum Durchbruch bringen zu können, müssen wir unsere Abhängigkeit von Stimmungen lösen, indem wir uns permanent in die Stimmung eines Kriegers versetzen. Ein Krieger versteht, zu kämpfen für was er will, er scheut Niederlagen nicht, sondern lernt aus ihnen. Unsere Gefühle sind, was wir im Augenblick für richtig halten, weil wir die Übereinstimmung spüren. Oft sind wir gespalten, was wir fühlen und was wir tun, fallen auseinander. Und das kostet Kraft, die wir besser dafür einsetzen sollten, beides zur Übereinstimmung zu führen. Das macht den Unterschied zwischen einem Sklaven und einem Krieger: die Entscheidung für den freiwilligen (Vorschuß-) Krafteinsatz, der die Gefühle, unseren Willen, zum Durchbruch bringt, was immer es ist. Deshalb das Gebot die Kraft einzusetzen. Und dieses Gebot ist das Einzige, das Wert hat. Es ist keine Moral. Die tausend Gebote der Moral können nur Hilfen sein für die, die wissen, was sie tun. Denen, die es nicht wissen, helfen die einen und sie stolpern über die anderen. Sie wehren sich daher gegen die Moral, die alle diese Gebote enthält, diese Fossile gesellschaftlicher Verhältnisse der Vergangenheit. Sie können nicht unterscheiden zwischen "Menschensatzungen" und dem Gesetz. Die Unterwerfung unter die "Menschensatzungen" nimmt ihnen die Kraft, dem Gesetz zu folgen.

Ein Krieger kehrt das Problem um. Er folgt dem Gesetz und die Menschensatzungen hören damit auf, ein Problem zu sein. Er wird sie befolgen, so weit sie als unumgängliche Hürden auf seinem Weg liegen. Das Gesetz wird ihm die Kraft dazu geben. ("Sorgt euch zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, alles andere wird euch nachgeworfen werden." Mt 6,55)

Der Krieger und der Defätist, beide unterwerfen sich, aber es gibt keinen Zweifel darüber, wer ein reicheres Leben hat. Der Krieger schöpft Kraft aus seinem Geben, der Defätist läßt sich aussaugen, er ist ein Spielball der Mächte, ein Strohhalm im Wind, wie zu viele Menschen in unseren Breiten. Es hat Zeiten gegeben, da waren alle Krieger. Sie haben für ihre Interessen gekämpft und sobald sie das aufgaben, sind sie von anderen besiegt worden. Die biblischen Propheten haben immer wieder vor dieser Achtlosigkeit dem Leben gegenüber gewarnt und jedesmal, wenn das Leben des Volkes Israel sich konsolidierte, eine Strafpredigt gehalten. Und prompt sind ihre Voraussagen eingetroffen, die Schlafenden sind überfallen worden vom Feind, in Gefangenschaft geschleppt, versklavt.

Als Mose auf den Berg Sinai gestiegen war, um das Gesetz in Empfang zu nehmen, blieb er so lange fort, daß viele zweifelten, ob er je wiederkommen würde. Den Israeliten wurde bewußt, daß sie in der Wüste waren und sie sehnten sich zurück nach den "Fleischtöpfen Ägyptens". Sie vergaßen, daß sie der Sklaverei entflohen waren und gossen sich ein Symbol für den Lebensstandard (Ägyptens), das goldene Kalb. Und sie tanzten um das goldene Kalb und vergaßen, daß Gold tot ist und daß der Gott, der sie aus der Sklaverei Ägyptens herausgeführt hatte, lebendig war. Sie beteten zum toten Gold, zum Tod, weil sie das Leben fürchteten, den "Ich bin, der ich bin". Und der Tod kam unverhofft schnell für sie. Mose ließ ihn austeilen, die Kommunion des goldenen Kalbes.

Die in Entfremdung leben, opfern ihr Leben für den Tod, ihre Lebenszeit für unnötigen toten Luxus, der es sie vergessen lassen soll, was sie erdulden im Dienst des Mammon. "Viele Arbeitnehmer sind leidend", klagen die heutigen Massenorganisationen. Krieger sind nicht leidend. Sie mögen zwar etwas erleiden, aber sie haben die Kraft, dagegen zu kämpfen, weil ihre Energien nicht im Erfüllen von Menschensatzungen für toten Lohn aufgezehrt werden. So verliert das Leiden seine Kraft.

Ein Leiden ist eine "geistige" Kraft, eine Abspaltung von uns, eine Entfremdung, eine Aufspaltung unserer selbst in sich bekämpfende Teile. Der Körper drückt es aus, macht es sichtbar, bringt es uns unüberhörbar zum Bewußtsein.

Das Streben nach "Lebensstandard" ist deshalb entfremdet, weil die Aufmerksamkeit vom Denken an den Erfolg gefesselt ist, einem nicht von unserem Körper, sondern von äußeren Mächten bestimmten Soll, anstatt unserem eigenen Gefühl für den Weg. Ein Krieger kämpft nicht um Lebensstandard oder andere sozial erwünschte Verhaltensweisen. Er kämpft um persönliche Kraft, die er weiter verteilt. Aus dem Verteilen der Kraft bezieht er seine Kraft. Umso mehr er austeilen kann, umso mehr hat er. So potenziert er sich. Der Schatz der Kraft aber ist unendlich wie die Welt.

Kraft erwerben lernen wir durch Geben, ohne Lohn zu erwarten, indem wir uns nicht mehr zerreißen, sondern die Freude in unserem Tun finden und nicht im Ergebnis, indem wir geben, was wir gern geben, unser Fühlen und unser Tun in Einklang bringen. "Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es heraus." Wir müssen geben, was wir bekommen möchten und genau das ist es nicht zufällig, was wir gern geben: Liebe für Liebe, Wahrheit für Wahrheit. So lange wir den Lohn im Kopf haben, bleibt unser Geben unvollkommen, mittelmäßig, für den Empfänger wie für den Geber unbefriedigend, weil wir nicht alles eingesetzt haben. Jeder Weg, jedes Tun, jeder Moment ist nur dann voll befriedigend, wenn wir voll dahinterstehen, alle Energien einsetzen. Deshalb heißt es: "Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist" (Jesus).

Viele haben heute Schwierigkeiten, zu unterscheiden zwischen vollem freien Einsatz, der nichts unberücksichtigt läßt - vielleicht wie ein Künstler sein Kunstwerk schafft oder ein guter Handwerker sein Werkstück, mit Liebe - und dem "Kommerz", der Blüte der Sklaverei, dem zur Spitze getriebenen Einsatz für den Lohn, für den Mammon, wie die Kandidaten für den Herzinfarkt es tun. Viele Menschen sind heute verwirrt, entweder sie halten etwas liebevoll Produziertes für "Kommerz" und Stümperei für Kunst oder ihr einziges Interesse ist es, ihren Nachbarn an Luxus zu übertreffen.

Die Herren sein wollen , die den Lebensstandard, den Lohn suchen, sind die Sklaven. Die aber herausgefunden haben, daß der Weg das Ziel ist, sie sind die wahren Herren, welche Position sie auch gesellschaftlich einzunehmen scheinen. Sie ordnen sich nur den Gesetzen des Weges unter, den sie gehen. Sie dienen, sie geben alle Energie nicht für Lohn, sondern für nichts, für die Freude am Energieeinsatz selber. Ihre Produkte sind die besten. Sie haben die meiste Kraft, dienen den meisten am besten und so werden aus Dienern Herren, die nicht herrschen und doch größere Macht haben als die Herrscher. Das ist die Dialektik des Lebens.

Sicher kommt es vor, daß ein von der Peitsche Getriebener, ein Lohnsklave, zu dieser Erkenntnis vorstößt, daß er die Peitsche nicht mehr braucht, sondern freiwillig tut, was seiner Position entspricht, so gut er kann, ohne Zurückhaltung, ohne Kompromisse, umsichtig, "gewissenhaft", vollkommen. Dann ist der Sklave frei geworden und was immer sein Schicksal ihm bringen mag, das Glück seiner Identität kann ihm niemand nehmen.

Diese Erkenntnis hat sich Mose zunutze gemacht. Deshalb hat er das Gesetz eingeführt und die Todesstrafe für seine Nichtbeachtung. Und die Peitsche des Mose treibt noch heute das Volk Israel zu höchster Anstrengung und gewährt dadurch vielen Sklaven die Möglichkeit, die Freiheit zu sehen und zu ergreifen. Ob wir aus Liebe lernen oder aus Furcht, bleibt sich am Ende gleich, wenn wir begreifen, daß nur freiwillige Diener des Gesetzes frei sind. Jeder Weg hat sein eigenes Gesetz, aber alle fordern höchste Aufmerksamkeit auf die Kräfteverhältnisse, eine Aufmerksamkeit in Furcht und Staunen. Unsere Aufmerksamkeit muß größer sein als die, die Ersatzbefriedigungen zuläßt, den Schein für Wirklichkeit hält. Arbeit für Lohn ist Schein, bzw. ein Energieverlust, so weit wir unwillig sind, denn dann sind wir gespalten.

Jeder, der sich vervollkommnet, seine Aufmerksamkeit ausweitet, wird imstande sein, immer mehr (Menschen) immer tiefer zu befriedigen. Die Kontrolle über sein Tun wird wachsen. Er wird lernen, sich auszudrücken und er wird verstanden werden, gleich durch welche "Verrücktheiten" ihn das führen mag. Kommunikation erfolgt durch "Archetypen". Die Menschen erkennen sich wieder in menschlichen Produktionen und sie erkennen sich wieder in der Natur. Unendlich ist das Spektrum möglicher Ausdrucksweisen, die dann am besten sind, wenn sie so etwas wie "Halleluja", "Heureka", "Juchee" oder wie jeder andere Glücksschrei lauten. Die verschiedenen Weisen sagen das selbe. Die vorführen, wie wunderbar die Welt ist, werden verstanden, von vielen begrüßt und belohnt. Die Schulen lehren nicht den Weg. Viel mehr tun das heute Filme, Fernsehen, Magazine, das Radio. Deshalb meinen Pink Floyd: "Wir brauchen keine Erziehung, wir brauchen keine Gedankenkontrolle ... Lehrer laßt die Kinder in Ruh...". Wir alle können fähig werden, in der Position, in der wir uns gerade befinden, die Lücken zu sehen, die unsere Chance sind. Und diese Chance hat nichts zu tun mit der sozialen Klasse unserer Herkunft und es ist nicht die Chance des Aufstiegs auf der Rangleiter des Sozialprestige. Es ist der Aufstieg auf der Rangleiter der persönlichen Kraft. Die "Bildung" durch unser Schulsystem erhöht diese Chance nicht. Ein Akademiker hat es nicht leichter in die Gegenwart einzutauchen als ein Analphabet. Die "Chancengleichheit" liegt nicht auf sozialökonomischen Gebiet, wie die Sozialisten glauben. "Wenn eure Gerechtigkeit nicht größer ist, als die der Schriftgelehrten und Pharisäer (oder wie man heute sagen würde: der Wissenschaft und der Kirchen) könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen" (Jesus). Das Ziel ist auch nicht Kants kategorischer Imperativ, es ist ein persönliches, es geht um unser Leben.

Die Berufe und die Berufsausbildung sind für die meisten Menschen ein Element der Entfremdung, ja die ganze Erziehung ist auf das Lohndenken hin ausgerichtet, auf die Erzeugung konditionierter Reflexe. Nicht der Dienst an der Gemeinschaft der Menschen ist das Entfremdende an den Berufen, sondern die mangelnde Entfaltungsmöglichkeit, die Beschränkung der Möglichkeiten des Lernens, der Kontrolle, der Selbständigkeit. Viel Widerwille hemmt viele Berufstätige, ihr Bestes zu geben. Sie sehen keine Chance sich zu verwirklichen. Sie fühlen sich überwältigt. Sie bemitleiden sich und unternehmen nichts, um sich durchzusetzen oder sie verlassen sich auf Vertretungskörperschaften und alles befestigt sie in dem ausweglosen Verhängnis des Lohndenkens, der Rationalisierung, der Entfremdung. Die Sensibleren fliehen in die Welt des Verbotenen, in den Tod. Nur wenigen gelingt es, aus der Entfremdung auszubrechen, einzusehen, daß nicht die Forderung nach totalem Einsatz das Problem ist, sondern das Vorherwissen des Richtigen, die Einordnung der Einzelmenschen, als wären sie Räder eines Uhrwerks, Roboter.

Es ist ein "böser Geist", der das tut. Ihm unterliegen sowohl die Wirtschaftskapitäne als auch die Hilfsarbeiter und alle anderen dazwischen. Sie sind besessen. Der Mammon hat sie fest im Griff, sodaß sie die umzubringen drohen, die da nicht länger mitmachen wollen. Aber allezeit war die Befreiung lebensgefährlich. Sie ist es auch heute noch. Wirklich. Es braucht einen Krieger dazu und keiner kann es für uns tun, nicht die Arbeiterkammer und nicht ein Messias. Wir müssen es selber tun. Wir müssen selber Krieger werden, unsere Angst vor den Anderen besiegen, uns stärken, die Vergangenheit und die "Anderen", die Defätisten, hinter uns lassen und eintauchen in die Gegenwart unserer Gefühle. Das Glück liegt dem Industriehilfsarbeiter nicht ferner als seinem Chef, dem Analphabeten nicht ferner als dem Universitätsprofessor. Es ist für alle greifbar nahe.

So lange sie sich bedauern oder den Werten anderer nachlaufen, haben es beide nicht. Auch der Playboy, das derzeit massenhaft höchste Leitbild, ist nicht zu beneiden. Das Paradies ist kein Schlaraffenland. Das Glück ist relativ, nämlich abhängig von unserer persönlichen Struktur und den uns umgebenden Kräftekonstellationen. Es unterliegt nicht unserer Verfügung. Wir können ihm nur folgen, uns ihm öffnen. "Wenn sie sagen: hier ist es oder dort, glaubt es nicht" (Jesus). Auch wenn alle Welt den Lebensstandard preist, er ist es nicht. Und auch von den anderen idealisierten Zielen ist es keines.

Niemand kann den Weg weisen, denn er ist für jeden anders. Der Weg ist das Ziel, alle anderen Ziele sind Illusionen, Vorspiegelungen falscher Tatsachen. Und doch gibt es Gesetze, die für alle gelten, Gesetze allen Lebens. Das Grundgesetz ist die Dialektik, anders ausgedrückt: wir müssen geben, was uns abgeht, ohne Lohn zu erwarten (Don Juan), damit wir alles in Fülle haben. Wir müssen es herstellen aus dem Nichts. Wir müssen teilnehmen an "Gottes" Schöpferkraft, wenn wir das Glück erben wollen. Nur so weit wir das tun, haben wir Anteil am Leben. Diese Welt ist ein Produkt der Schöpferkraft. An jeder Kraftkreuzung entsteht ein Eigenwille, der neue Kraft aus dem Nichts hervorholt, indem er über sich hinausgeht, aus sich herausgeht, sich einen Überblick verschafft, seine Fähigkeiten immer besser mit seinen Chancen übereinstimmt, indem er die Scheuklappen entfernt und hinauszusehen wagt in die Unendlichkeit der Kraft, die uns geschenkt ist und der wir geschenkt worden sind. Ob Kuckucksei oder Arbeitsameise, wir erreichen unser Ziel nur auf unsere je eigene Weise. Wenn es unser Schicksal ist, einen Kuckuck ausbrüten zu müssen, hat es auch keinen Sinn, daß wir uns dagegen wehren, denn wenn wir es erkennen, wird es zu spät sein und alles, was uns bliebe, ist die Reue. Das Gift der Vergangenheit würde unsere Gegenwart zerfressen. Unsere Schöpferkraft würde leiden. Anstatt glücklicher wären wir unglücklicher.

Ich bemühe mich jetzt, nichts mehr zu tun, wenn ich nicht sicher bin, das Sichere aber nicht zu übersehen und so tue ich mehr für mich. Es geht vorwärts auf meinem Weg. Ich sehe meine Kraft zunehmen. Wir können das "Wesen" sehen, wenn wir uns auf das scheinbar Allerunsicherste verlassen, auf unsere Gefühle. "Unsicher nennen sie viele, weil sie sich auf keinen Beleg, keine Erlaubnis, auf kein Gebot oder Verbot stützen können, sondern "nur" auf sich selber. Aber wer sonst, als wir selber, sollte feststellen können, was gut für uns ist.

Ich benütze die Droge THC, Marihuana, um herauszufinden, was ich will und um es zu tun. Und ich habe erhebliche Fortschritte dabei gemacht. Wenn ich high bin, kann ich mir Dinge erlauben, die meine "Vernunft" mir sonst verbieten würde, aber dennoch verschärft sich mein Bewußtsein in Richtung auf Sicherheit. Ich kenne den Ersatz und seinen Anteil an meinem Handeln und gewinne langsam einen Überblick über Alternativen und deren Bedingungen. Es ist, als ob ein neues Land in Sicht käme und mir erlaubt wäre, probeweise meinen Fuß darauf zu setzen, ob es mich auch tragen wird. Und es trägt. So lange die Beschränkungen meines Handelns, die Verbote, mir von anderen auferlegt wurden, konnte ich nicht sicher sein über ihre Richtigkeit. Ich war meinem Schicksal ausgeliefert, in Widerspruch zu stehen ohne eigenes Bewußtsein, von außen auf etwas zugetrieben, das die Treiber behaupteten, zu kennen. Und jetzt sehe ich, wie wenig sie wußten und wie viel sie wußten. Ich habe nicht viel verstanden und hatte doch meine Erklärungen, die sich auf "Belege" und "Autoritäten" stützten, auf vergangene Erfahrungen, Erzählungen von Erfahrungen. Die freie Erfahrung der Gegenwart ist etwas ganz anderes, unbelastet von rationalen Urteilen, von unserer inneren Zensur, vom gesellschaftlichen Überbau. Das Bewußtsein der Freiheit bestärkt die Sicherheit und damit die Kraft, die Durchschlagskraft, die Effektivität und die Befriedigung, das Glück. Und die intensivierte Wahrnehmungsfähigkeit high hat Folgen im Alltagsleben, wo die Vorurteile nicht länger aufrechterhalten werden können. Die Welt offenbart sich in ihrer wahren Unglaublichkeit, in ihrer wundersamen, unendlichen Bodenlosigkeit, gefüllt von energetischen Spannungen, deren Oszillationen wir sind. Und doch ist da etwas in uns, das seinen Eigenwillen hat. Wir sind nicht nur durch Kräftekreuzungen hervorgerufene virtuelle Phänomene. Die Kräftekonzentration an unserer Kraftkreuzung hat ein Eigenleben und zwar sowohl die Kreuzung, die wir sind, als auch alle anderen Kräftekreuzungen, selbst die kleinsten und unscheinbarsten, wie ein Lufthauch oder Geringeres. Sie alle wahrzunehmen und damit alle meine Möglichkeiten, ist mein Ziel, Nur der, der schaut, kann den Ausweg sehen, den einzig möglichen Weg ohne Reue, den Weg der Kraft.

Wenn ich high bin, sind meine Gedankengänge klar und jede Trübung und Gefahr haarscharf bewußt und mein Verhalten in dieser zuversichtlichen Stimmung der Sicherheit befriedigt mich im Moment und steigert bleibend meine Fähigkeit zum Energieeinsatz in der "ökologischsten" Form denkbar, im Verstärken dessen, was ich mag, im Anziehen von Energieströmen, im Ausschalten von Widersprüchen. Umso tiefer ich eindringe ins Reich des Möglichen, umso spannender und interessanter wird es. Wie wird es wohl ausgehen? Ich werde es nie ganz wissen.

Es gibt die Teilnahme am "göttlichen" Bewußtsein, in dem die Kräfteverhältnisse klar zutage treten und damit die Angriffspunkte für Veränderung, für den Weg, unsere beste Chance im nächsten Moment. Sie erscheint klar vor unseren Augen und ohne zu schwanken greifen wir zu. Es gibt keine Schuld in so einem Moment und keine Reue. Bei Gerichtsverfahren wird den Angeklagten gelegentlich die "geistige Zurechnungsfähigkeit" abgesprochen, was strafmildernd wirkt, weil eine "Krankheit" angenommen wird, eine "unverschuldete", biologisch bedingte "geistige" Umnachtung, bedingt durch einen Schaltfehler, eine Malfunktion der "inneren" Steuerung, die der Verantwortung des Individuums entzogen sei, seiner Entscheidungsfähigkeit die Freiheit nähme. Das Wissen um das rechte Tun, von dem ich sprach, ist etwas Ähnliches, aber es ist voll bewußt, mit voller Verantwortung - sie ist keine Malfunktion, kein Schaltfehler - in voller geistiger Klarheit.

Viele können zwischen "verrückt" und "normal" nicht unterscheiden. Es sind die, die sich einer der beiden Kategorien zuordnen. Parteitreue gläubige Gebotserfüller, die sich keinen Schritt aus ihrem Pferch wagen würden, selbst wenn sie schon ersticken oder am lebendigen Leib verfaulen. Sie halten Dinge für unmöglich, weil sie ihre Chancen nicht sehen können, weil ihre Sinne normiert abgestumpft sind, rationalisiert, gesellschaftlich funktional zugeschliffen. Dauernd stoßen sie an ihre Schranken, an ihre äußere Form, die die Anderen ihnen zugestehen, einräumen. Die den "ich bin der ich bin" anerkennen, ihr "inneres" Schicksal akzeptieren, verlieren diese Form.

Die ihr Schicksal anerkennen, wollen auch andere nicht mehr auf ihr eigenes Maß einschränken. Sie predigen nicht, außer Predigen ist ihr Schicksal und dann tun sie es bestens. Sie setzen keine Schranken. Sie sind Künder der Wahrheit, die Prediger, die keine Schranken setzen. Die Anderen verkünden sich selbst, besser, ihre versicherte Verunsicherung, ihre Entfremdung und die in gleicher Weise entfremdet sind, werden ihnen folgen. Der Kapitalismus ist ein gigantisches Versicherungsunternehmen, dessen Prämien für manche unerschwinglich sind, dessen Nominale aber beschränkt ist durch Statistiken, Konventionen, Interessengemeinschaften usw. und nur ein Ersatz sein kann für das Gefühl der Identität, das im "sichtbaren" Spektrum liegen kann, also im Bereich des Kapitalismus oder jenseits der Bezogenheit auf ein menschliches Sozialsystem, für den "Normalverstand" also verrückt. Unabhängigkeit ist die Voraussetzung auch für einen optimalen Sozialkontakt, wie die ideologielosen Pigmäenkrieger es noch heute machen, die alle "Männer ohne Eigenschaften" sind, es sein müssen, wenn sie überleben wollen in der Wildnis. Und ein Krieger der Industriegesellschaft, wer hier zu seiner Identität gelangen will, darf sich durch die Rationalisierungen nicht gefangen nehmen lassen, er muß erkennen, daß es keine Grenzen gibt. Wo sie heute sind, sind sie morgen nicht mehr. Alles ist relativ und alles fließt. Ein Krieger sieht das Neue und er ergreift seine Chance, wo immer sie ist.

Seine Chance ist seine Schöpferkraft. Es ist die Möglichkeit, alle Unvollkommenheiten abzuschütteln durch eine Art Wissen um das Gesetz der Dialektik, das Wissen, daß alles aus dem Nichts entsteht in jedem Augenblick. In diesem Wissen ist alles möglich. Aber nur wenige erreichen es. "Viele sind berufen, wenige aber auserwählt" (Jesus). Von dem Wissen berichtet die Bibel und andere heilige Bücher, von dem Wissen berichten die Propheten und die Stars aller Zeiten, von dem Wissen berichtet die Natur. Ein Blick aus dem Fenster genügt, es zu erreichen. Wir wissen es schon vorher, es ist in uns. Wir selber sind die Zeugen der Kraftgesetze, denn wir sind Oszillationspunkte dieses Wettstreits der Kräfte und selbst Generatoren unerschöpflicher Kraft. Der Sturm ist in uns. Er ist unser. Er ist das Nichts, das wir mit uns füllen können, müssen, aus dem wir schöpfen, indem wir geben, was wir nicht haben, uns. Das bedeutet Lernen. Der Himmel ist erlernbar.

Er ist dort, wo die Sterne sind, wo die Götter wohnen, deren Produkte wir sind, bis wir ihr Geheimnis geschaut haben: das ewige Leben, das sich aus dem Nichts erschafft. Ich bin nichts, wenn ich ein Spielball der Mächte bin, hin und hergeworfen zwischen Glück und Unglück, bis ich mein Leben in die Hand nehme und auf meinem Weg, den ich mag, mich vervollkommne. Sobald ich mich auf den Weg gemacht habe und fortschreite, habe ich die Schöpfung aus dem Nichts begonnen. Ich bin nunmehr wie ein Oszillationspunkt und wenn ich ernsthaft in diese Richtung weiter gehe, werde ich irgendwann an den Punkt kommen, an dem nichts mehr unmöglich sein wird. Der Weg des Kriegers ist kein Weg ohne Schmerz, aber er ist ein Weg aus dem Leid hinaus ohne Ende, ein Weg der Befriedigung unter der Akzeptation der Notwendigkeit der Schmerzen des Schöpfungsakts, der Geburt des Lebens. Der Tod ist die Herausforderung des Lebens.
 
 






ZEICHEN DER ZEIT






"Ihr Heuchler! Das Aussehen von Himmel und Erde wißt ihr zu deuten, diese Zeit aber, warum deutet ihr sie nicht?" (Jesus, Lk 12,5).

Der Lebensstandard hat zum Glück der Menschen nicht beigetragen, auch nicht dadurch, daß im industrialisierten Westen die Durchschnittslebenserwartung bei siebzig Jahren liegt, während sie bei vielen "primitiven" (= kapitallosen) Stämmen nur halb so hoch ist. Man sucht objektive Zeichen wie die Lebenserwartung als Beweis für Glück und dabei ist man heute imstande Roboter mit einer höheren Lebenserwartung als die von Menschen herzustellen. Glück ist nicht zu messen an Lebensstandard und Lebenserwartung. Es gibt keinen Beweis. Nur an eines können wir uns halten: an unsere Gefühle.

Wovor der Seher Jesus vor zweitausend Jahren gewarnt hat, gilt nach wie vor: "Sorg dich nicht um morgen... Jeder Tag hat genug an seiner eigenen Plage" (Mt 6,34). Noch deutlicher wird er an einer anderen Stelle (Lk 12,20): Einen Mann, der seine Vorratslager vollgestopft hat und sich nun zur Ruhe setzen will fragt er: "Du Narr, noch heute wird dein Leben von dir gefordert werden, wem wird dann das gehören, was du aufgespart hast?" Und selbst wenn er noch in den Genuß seiner Pension gekommen wäre, wie es heute der Durchschnitt der Bevölkerung fünf bis zehn Jahre lang kann, nach ihrer sechzigjährigen Zwangsarbeit seit dem sechsten Lebensjahr, wie kann einer, der sechzig Jahre Fronarbeit geleistet hat seinen Lebensabend genießen? Die meisten dieser Menschen sind tot, ausrangierte Roboter. Sie können ihre Schöpferkraft nicht mehr ausnutzen. Und viele junge Menschen spüren das heute.

Die Machtstrukturen Westeuropas haben daher den Höhepunkt überschritten. Der Zerfall hat eingesetzt. Er ist nicht mehr aufzuhalten, so sehr sich die konservativen Kräfte auch darum bemühen. Ihre Verordnungen und Gesetze werden zunehmend unwirksam. Es ist wie in einer zerbrechenden Zweierbeziehung von Menschen, wo alle Ansprüche und Forderungen nur das Gegenteil ihrer Intention bewirken. Das Zeitalter des Absolutismus ist überholt. Aber die absolutistischen Traditionen sind immer noch sehr mächtig. Die Bevölkerung Europas hat Jahrhunderte der Untertanenschaft hinter sich und kann sich nicht so schnell zur Freiheit aufschwingen.

Die europäische Musik, z.B. ist viel aggressiver, härter als die amerikanische. In Amerika ist der Protest schon fortgeschritten und der Weg in die persönliche Freiheit ist bereits vielen klar. Die auf der Höhe der Zeit leben, haben dort mit dem Neuaufbau schon begonnen, während in Europa die konservativen Kräfte noch so stark sind, daß sie noch vorwiegend Destruktion erzeugen, indem sie den Zerfall bekämpfen, ohne nach Ursachen zu suchen. "Das Harte, Starke muß brechen", heißt es im Tao. Das ist ein Naturgesetz. Den Starrköpfigen wird der Schädel eingeschlagen. Die Terroristen sind bereits an der Arbeit. Der Terror ist das Zeichen für den Terror. Niemand setzt sein Leben aufs Spiel, wenn er sein Leben nicht bedroht sieht. Und die Starrheit der europäischen Lebensformen ist für viele lebensbedrohend. Die Aussieht auf lebenslängliche Zwangsarbeit, wenn auch nur vierzig Stunden die Woche mit Pensionsanspruch, jagt vielen Menschen eine Höllenangst ein und mit Recht.

Diejenigen, für die die absolutistische Tradition eine Selbstverständlichkeit ist, können das nicht begreifen. Sie reagieren auf Terror mit Antiterror und sehen nicht, daß der Terror von ihnen ausgeht. Vielen jungen Menschen ist die fünfzigjährige Vierzigstundenwoche nicht mehr selbstverständlich.

Sie sehen sie als Terror und sie ist Terror. Und weil die Mächtigen unnachgibig sind, widersetzen sich viele bewußt oder unbewußt. Die Quote der drop-outs nimmt ständig zu. Deutlich wird das sichtbar im ständig steigenden Konsum harter Drogen. Die Sensibleren bringen sich um, entweder schnell und direkt - gerade in Österreich ist die Selbstmordrate ungewöhnlich hoch - oder indirekt und langsam durch Drogen, vor allem Alkohol, aber zunehmend auch Heroin, das den Alkohol übertrifft, sowohl in seiner verheerenden Wirkung, aber auch in der Intensität der Traumwelt, die es erzeugt.

Die Regeln des Alltagslebens sind in Mitteleuropa sehr starr und allgegenwärtig. Sie verfolgen die Menschen auf Schritt und Tritt. Die Vision George OrwelIs ist in Europa Wirklichkeit, auch ohne TV-Überwachung. Die Menschen sind darauf gedrillt, sich gegenseitig zu überwachen und zu beschuldigen. Die Gesetze sind ihnen wichtiger als deren Nutzen. Typisch für Sklaven. Sie sind darauf aus, die Anderen zur Untertänigkeit anzuhalten und zu belehren. Die europäischen Rundfunkprogramme sind ein gutes Beispiel dafür. Sie bieten ein Überangebot an Propaganda, getarnt als "Information". Anstatt einfach Musik zu spielen, wie es für ein akustisches Medium ideal wäre, geben die Radiostationen viel Geld für "Information" aus, die in Wirklichkeit die Information verhindert, die Botschaft der Musik verschleiert. Das selbe am Fernsehen. Endlose Gespräche, endlose Indoktrinationen statt lockerer Unterhaltung. Anstatt den Menschen zu geben, wonach sie verlangen, versucht man ihnen beizubringen, daß sie dumm sind und "informiert" (= gehirngewaschen) werden müssen, wie schon Jahrhunderte vor der Erfindung des Rundfunks. Indoktrination statt Information, und dann wundert man sich über das geringe Interesse am "Informationsangebot" und ärgert sich über die störrische Ungebildetheit der Massen, die nur nach Unterhaltung schreit. Die Information, die in der Unterhaltung liegt, ist den Despoten unheimlich. - Es ist interessant zu sehen, wie viele Verfechter eines Absolutismus heute nach Moskau pilgern, weil ihnen die Liberalität der USA gefährlich erscheint.

Fünfzig Millionen Amerikaner rauchen heute Marihuana, also ein Viertel der Bevölkerung. Das ist kein Zufall. Sie folgen einem Druck, sie füllen ein Vakuum. Die vom "Weißen Riesen" Verseuchten benutzen neue, aus der Weisheit der "Entwicklungsländer" stammende Gehirnwaschmittel. Aber der weiße Riese sieht das nicht gern, für ihn ist die Natur schmutzig, Ungeziefer, Unkraut, Gefahr. Es ist völlig klar, welche Interessengruppen die Legalisierung von Marihuana und anderer Drogen verhindern wollen, die Alkohollobby und die, die verhindern wollen, daß die Roboter zu denken beginnen. Sie betrachten die Drogen als "unlauteren Wettbewerb". Sie fürchten ums Geschäft, sie fürchten die Kraft, die dahinter steht und ihre Angst ist berechtigt, denn es ist IHRE Angst, ihre Schwäche, ihr Feind, ihre Halsstarrigkeit, die ihnen möglicherweise das Genick brechen wird oder das Herz. Und auch die fürchten den "unlauteren Wettbewerb", die sich ihr Leben lang versklaven für eine Eigentumswohnung, eine Krankenzuatzversicherung und einen BMW.

Was ist die Macht, die Menschen zu den Drogen zieht? Manche benutzen sie als Medizin, andere machen sich krank damit. Mit den Drogen ist es wie mit allem anderen, sie sind Kräfte, die manchen helfen und manche beherrschen. Aber das Defizit, das sie bei den einen wie bei den anderen füllen, stammt von der Ordnung, die die Drogen verbietet, die Ordnung der rationalisierten Produktion. Drogeneinfluß hebt das Rationalisierungsschema auf und macht Menschen für andere unbrauchbar, unbenutzbar. So können Drogen Menschen helfen, ihr Schicksal zu erkennen, zu sich selber zu finden. Nicht nur der römische Spruch "in vino veritas", auch die Worte Jesu über den Wein beim letzten Abendmahl sprechen von dieser Befreiung "Nehmt diesen Becher und trinkt alle daraus, denn das ist das Blut des neuen Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden" (N.B.: Die "Transsubstantiation" ist eine heute in der alten Form nicht mehr verständliche Beschreibung dieser Wirkung). Aber diese Vergebung der "Sünden" ist wie jede Hilfe gleichzeitig auch eine Gefahr, der einige zum Opfer fallen. Manche enden als Leichen in Toiletten öffentlicher Lokale nach dem "goldenen Schoß", der Sie erlöst hat von ihren Qualen. Andere steigen auf an die Spitze der Gesellschaft und darüber hinaus.

Ob jemand Drogen nimmt oder nicht, ist egal; gleich, was er tut, es kommt nur darauf an, ob er ehrlich ist zu sich selber, denn nur dann kann er eine Droge nützen als eine Gabe der Natur, wie er andere Gaben nützt, die Technik, die Medien, seine Talente. Die gesetzliche Unterdrückung der Drogen wird auf die Dauer wirkungslos sein, denn der Drogengebrauch entspringt aus dem Bedürfnis des Entfremdeten zu sieh selber zu finden. Selbst das Verbot von Heroin bewirkt nicht, was es vorgeblich bezweckt. Nach einer Legalisierung von Heroin wird die Rate der Heroinspritzer die Selbstmordrate und auch die Kriminalitätsrate nicht weiter steigern, vielleicht aber werden mehr Selbstmörder zu dieser Droge greifen. Und wer will denen, die sich ausgestoßen fühlen, einen angenehmeren Abgang verwehren? Es sind die, die die Verhältnisse erzeugen, die Menschen zum Strick greifen läßt. Die frei leben, werden keine Veranlassung haben, Heroin zu spritzen, wie sie auch heute nicht alkoholsüchtig sind. Die Selbstmordrate und die Rate der Kriminalität entsprechen der Quote derer, die sich als Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse fühlen. Sie spielen nur ihre ihnen vom "Weltgeist" zugewiesene Rolle als Spiegel der gesellschaftlichen Spielregeln, als ein Auswuchs, als eine Form der Wunden, die die Rationalisierung in die Natur frißt, die Krankheit der Entfremdung von sich selbst. So lange dieses Problem besteht, wird es Menschen geben, die krank werden, sich umbringen oder Amok laufen.

Nach der Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit in Kalifornien von 65 auf 55 Meilen pro Stunde senkte sich auf etwa zwei Jahre die Todesrate bei Verkehrsunfällen, dann hatte sie bei gleichbleibender Verkehrsdichte wieder die alte Marke erreicht. Nach einiger Gewöhnungszeit, die erhöhte Aufmerksamkeit erforderte, haben Menschen, die das Auto benützen, um sich und andere umzubringen - ob sie sich dessen bewußt sind oder nicht -, wieder im vollen Ausmaß zugeschlagen. Die Art und das Ausmaß des Frustrationsausdrucks haben sich durch die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit nicht geändert und auch bei achtzig Stundenkilometer ist das Auto ein wirksames Mord- und Selbstmordinstrument. Von den Autoritäten des Kapitalismus werden Krankheiten, Unfälle und auch der Drogenkonsum als "Zufälle" betrachtet. Man will nicht erkennen, daß es keine Zufälle sind, daß restriktive Lebensverhältnisse dann zu einer Depression und Selbstmordneigung der Bevölkerung führen, wenn die Repression nicht mehr von Notwendigkeit, sondern von überalterten Autoritätsstrukturen bestimmt ist.

Die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Trotz der Macht der Alkoholindustrie und anderer Autoritäten werden die Menschen mehr und mehr nach dem greifen, was sie wollen. Das Verbot des öffentlichen Handels mit bestimmten Substanzen bewirkt nicht das Verschwinden dieser Mittel, sondern nur die Erhöhung der Preises und der Gefahr für die Personen, deren Verbotsübertretungen entdeckt werden. Und man treibt sie ein zweites Mal in Gefahr, wenn sie die durch das Verbot überhöhten Preise durch illegalen Gelderwerb ausgleichen wollen und dazu werden sie noch von unlauteren Händlern vergiftet. Und trotzdem tun sie es. Die Mächtigen können durch ihre Verbote nichts verhindern, höchstens die Zeitdauer für den Aufbau stabiler Handelsketten verlängern. Verzweifelte Menschen kennen keine Schranken und wenn die Anzahl von Verzweifelten groß genug ist, kommt der Zeitpunkt für die vielen weniger Mutigen, das Erkämpfte mitzugenießen. Dann bleibt nur noch die Gefährlichkeit der Substanz selbst als Schranke. Dann ist ein vernünftiges Verhältnis hergestellt.

Es wird noch einige Zeit dauern, bis die "Verantwortlichen" zu begreifen gezwungen sind, daß die Bevölkerung nicht aus lauter Idioten besteht, die man vor sich selber schützen muß, bis sie begreifen werden, daß ihre Sorge um die Anderen nur eine Ausrede ist, eine Rationalisierung, daß sie in Wirklichkeit nur ihre eigene Machtposition schützen, in der das Robotertum der Massen eine Selbstverständlichkeit ist und die Menschen, die den Sinn der Arbeit und der Vorsorge in Frage stellen, eine Gefahr sind.

Von denen, die es nicht begreifen, werden in Zukunft mehr und mehr von Terroristen erledigt werden. Was wir heute davon erleben, sind erst die Anfänge. Nach der ersten Atomexplosion in einer europäischen Stadt wird man aufhorchen. Sie wird nicht von den USA oder der UdSSR gezündet werden, sondern von einem Menschen, der seinem verbotsgeladenen Roboterdasein entfliehen will. - Vor wenigen Jahren hat ja bereits ein Privatmann in seiner Wohnung eine Atombombe gebaut, um diese Gefahr zu demonstrieren. Wenn wir Glück haben, wird es in einer kleinen Stadt am Lande sein. Weltpolitiker werden dort gerade im Auftrag gewisser Firmen über neue Regelungen zur Verbesserung der Marktlage debattieren. Vielleicht wird es die Ironie des Schicksals so wollen, daß gerade bei diesen Verhandlungen Rechte von Minderheiten zum Durchbruch gekommen wären. Zu spät. Wenn wir Pech haben, wird die Explosion die computergesteuerten Raketen der Großmächte auslösen und die Überlebenden werden sich in ein paar tausend Jahren fragen, ob es auf der Erde schon vor ihnen eine Zivilisation gegeben hat.
 
 






DIE KOMMENDE RATIONALE GESELLSCHAFTSORDNUNG






Die Revolution der Wirtschaftlichkeit
 

Fast alle beklagen heute die Irrationalität der Rationalität, daß die Menschen ihr Leben so rationalisiert haben, daß ihre Geschöpfe die Welt verpesten. Die Reichen werden reicher, indem sie denken: Hinter mir die Sintflut. Und die Armen werden ärmer, weil die Führer dieser Völker den Verlockungen zu persönlichem Potentatentum und Reichtum erlegen sind. So wird systematisch jede Kultur zerstört, die sich dem Diktat des Kapitals nicht beugt.

Das Kapital hat eine Revolution über die Welt gebracht, alle Werte, die über Jahrtausende das Leben der Menschen leiteten, zerstört, und die Wirtschaftlichkeit, die Rationalität des Kapitals als obersten wirksamen Wert installiert, wodurch die Mächtigen reich, die Armen aber ins Chaos gestürzt wurden. Aber der Tiefpunkt, der Punkt der Revolution, des Chaos, der Unsicherheit, der Lebensgefahr für die Massen ist nun schon beinahe weltweit überschritten.

Inzwischen hat die neue Ordnung, die Ordnung des Kapitals, eine Entwicklungsstufe erreicht, auf der die Wirtschaftlichkeit neue Faktoren berücksichtigen muß: die Grenzen der Umweltbelastung und der Rohstoffe und gleichzeitig die Notwendigkeit der Ausweitung des Marktes auf die ganze Welt.

Wenn es den Reichen nicht gelingt, den Armen zu mehr Reichtum zu verhelfen, können sie den Markt nicht ausweiten und die Armen werden eine Konterrevolution starten gegen das Kapital, die bei den gegenwärtigen Bedingungen die Auslöschung der kapitalistischen Welt zur Folge haben könnte.
 
 

Innerkapitalistische Gegenbewegung
 

Deshalb hat nun innerhalb der kapitalistischen Welt ein Umkehrprozeß eingesetzt. Die Gefahren sind erkannt worden. Nicht aufgrund der brillianten Geisteskraft der mächtigsten Kapitalisten, sondern die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der reinen Wirtschaftlichkeit haben von unten eingesetzt: Bei denen, die vom Kapital als Roboter vorgesehen gewesen wären. Bei den Kindern derer, die wie selbstverständlich den Lebensstandard als ihren Gott anerkannten und sich ihm total unterwarfen. Diese Kinder wuchsen auf mit dem Lebensstandard und als in den USA ihre Eltern sie dafür in den Krieg schicken wollten, kamen ihnen angesichts der Todesgefahren fern der Heimat die Zweifel, insbesondere da die Zweifel schon vorher entstanden waren, angesichts des Widerspruchs der anhaltenden Lebenskraft der Nachkommen der schwarzen Sklaven im eigenen Land zur Morbidität des weißen Wohlstands. Viele andere Faktoren spielten mit: die Gefahr der Atombombe, die Gefahr einer tödlichen Konfrontation mit dem Kommunismus und insbesondere die Eigengesetzlichkeit der Massentechnisierung, die ein materielles Paradies in greifbare Nähe rückt.
 
 

Unterdrückung und Sehnsucht
 

Denn der Entwicklungsstand des Kapitals ermöglicht den vom Lebensstandard Verwöhnten und von der Rationalität Unterdrückten auch die Besinnung auf die "natürlichen" Bedürfnisse des Körpers. Der Reichtum hat die Muße geschaffen, in der die Menschen Sehnsucht bekommen nach der Natur, nach der Spannung der Ungewißheit, die die Aufmerksamkeit automatisch aufs Höchste steigert und das Beste herausholt aus einem Menschen.

Die Technisierung schafft die Möglichkeit totaler Befriedigung, in der nur ein Widerspruch bleibt: Die Quelle des Reichtums, also die Grundlage der Befriedigung, die Existenzgrundlage, die Arbeit befriedigt nicht, weil sie so rationalisiert ist, daß sie den Interessen der Arbeiter wenig Entfaltungsmöglichkeiten läßt.

Wenn die Interessen unterdrückt werden, wie es bei den total regulierten Massenarbeitsstellen der Fall ist, entsteht Langeweile. Die Schematisierung tötet das Interesse und damit die Energie. Und überall fehlt die Aufmerksamkeit der Gelangweilten. Das Grundproblem der Industriegesellschaft, die Versuchung der Menschen zur Unaufmerksamkeit und Antriebslosigkeit, zu Robotern mit beschränktem Einsatzbereich ist es, das aus sich selbst heraus die Gegenbewegung schafft und die Menschen wieder nach natürlicher Spannung suchen läßt.
 
 

Schlechte Produkte - Krankheiten
 

Aber noch ist der Tiefpunkt nicht erreicht. Die Arbeit ist entfremdet, weil die meisten, die sie ausführen, sie als eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit betrachten, sich davon distanzieren, sie viel lieber nicht tun würden, sie ohne Engagement tun, ohne Interesse, und mit entsprechender Fehlerquote. Der Fehler entsteht sowohl im Produkt als auch im sich widerwillig unterwerfenden Arbeiter. Die vorherrschende Ideologie besagt, daß man sich am besten nicht anstrengt. Das heutige Idol ist der Playboy. Diese Ideologie kann sich erst ändern, wenn der Verteilungsapparat, die Verwaltung durchrationalisiert und von Computern übernommen ist, denn erst dann wird es keinen Grund mehr geben, sich übervorteilt zu fühlen und sich zu verweigern. Momentan bleibt es bedauerlich daß wir zu oft schlechte Produkte hinnehmen müssen, während sich der Produzent ein Magengeschwür holt, nur weil er nicht über genügend Information verfügt oder nur nicht genügend darauf geachtet hat, was seine Talente sind, weil er den falschen "Beruf" ausübt oder die Beziehung zu seiner Frau nicht bewältigt, weil er verwirrt ist, weil er mit sich selber nicht ehrlich ist, weil er von sich selber, von seinen Spielen nicht heruntersteigen kann, um klar wahrzunehmen, weil er die Lebensregeln nicht kennt.

Aber heute sind sich die Planer dieses Problems bereits bewußt. Die Erkenntnis, daß die Gesundheitsfürsorge zu viel vom Nationalprodukt verschlingt, hat dazu geführt, daß die modernsten Staaten diesen Komplex des Kräfteverschleißes schlechtes Produkt - Krankheit zu untersuchen und zu verändern beginnen. Und die Menschen, die persönlich aus dem Teufelskreis ausbrechen wollen, nehmen ständig an Zahl zu. Sie informieren sich über ihre Möglichkeiten. Und die Ratschläge, denen sie folgen, sind einander erstaunlich ähnlich. Die Erfolgsrezepte stammen alle aus dem selben Kochbuch, dem Kochbuch der Natur. Sie sind dem Leben abgeschaut. Überall die selbe Struktur: Umsomehr Aufmerksamkeit, umso besser usw.. So setzt sich am Ende der kapitalistischen Revolution eine neue Erkenntnistheorie durch, deren Lehren mit den Erfahrungen derer übereinstimmen, die keine Entfremdung verspüren, die den richtigen Beruf haben, sich ohne Vorbehalte für ihre Interessen einsetzen, sich nicht bejammern, sondern statt dessen ihr Schicksal akzeptieren und die Schwierigkeiten des Lernens freiwillig auf sich nehmen und denen das Überwinden dieser Schwierigkeiten daher Spaß macht, die die Herausforderung annehmen, denen aber Sieg oder Niederlage egal sein können, weil sie sich nichts vorzuwerfen haben, weil ihre Sinnerfüllung in der Gegenwart liegt und nicht in der Vergangenheit. Denjenigen, die nicht von selber, aus Zufall, Glück, Gnade etc., in dieser glücklichen Lage sind, sich selber verwirklichen zu können, sondern die nach Hilfe suchen, wird damit eine Methode geboten, die sie benutzen können, um glücklich zu werden. Und damit werden auch die Massen die heutigen Regeln eines befriedigenden Lebens erlernen.

Es ist ein Ritual, das sie befolgen werden, denn die verschiedenen Kräfte haben verschiedene Regeln, auf deren Anwendung sie reagieren, dienstbar werden. Wer die Regeln mißachtet, gerät in Gefahr, wer sie beachtet, bekommt was er will. Wenn die Regeln für die momentanenen Kräfteverhältnisse klar sind und eingehalten werden, schaffen sie das Glück, weil der Energiefluß nicht mehr durch Widersprüche blockiert wird.
 
 

Die stille Revolution
 

In einer revolutionären und nachrevolutionären Zeit sind die Regeln unklar, denn die alte Formulierung der Rituale ist von den Führern der Gesellschaft ausgenutzt worden und wird von den Unterdrückten daher abgelehnt, eine neue Formulierung bleibt unter den alten Bedingungen wirkungslos, sie ist den unterdrückten Massen noch nicht geheuer, denn zuerst wollen sie frei sein und weil sie nicht anders können, weigern sie sich, den Profit ihrer Herrn über Gebühr zu steigern und dadurch kommt es zu Problemen. Einerseits unterwerfen sich die Leute, andererseits wollen sie ihre Unterwerfung verleugnen, indem sie Scheiße bauen.

Und gerade diese Auswirkung der Ungerechtigkeit, diese stille Revolution ist es, die die Ungerechtigkeit auf Dauer auch für die Herren unrationell macht, sodaß immer bessere Wege der Verständigung zwischen den Menschen gefunden werden, sodaß einerseits die Oberen das Ausnutzen aufgeben und andererseits die Unteren sich freiwillig und voll Hingabe unterordnen, sodaß die Oberen den Unteren helfen und umgekehrt. Ein derartiger Zustand widerspricht dem menschlichen Wesen nicht, vielmehr tritt er ein wie ein Wellenberg der Geschichte, wie ein Phase des Lichts, die der Phase des Dunkels folgt. Die Rationalität führt von einem zum anderen, von der Harmonie zum Chaos und wieder zurück zur Harmonie.

Die jetzige Zeit ist gekennzeichnet von einem fortschreitenden Erwachen aus dem Trauma der Revolution, der Verweigerung wie der Verbote. Die Verweigerung hat Erfolg gehabt, die Verbote fallen, die Verweigerung ist nicht länger nötig: Israel verhandelt mit der PLO, England mit Nkomo und die USA mit Kuba. Die Produzenten haben erkannt, daß sie das meiste Geschäft machen, wenn sie produzieren, was gefragt ist. Die Arbeiter fangen an, zu erfahren, daß sie am besten leben, wenn sie ihre Arbeit so gut wie möglich tun. Die Industriestaaten beginnen für Rohstoffe zu bezahlen. Die Kapitalisten wehren sich nicht mehr gegen soziale Regeln. In den Industriestaaten schreitet die Erkenntnis der Fehler der Rationalisierung fort in Form von Umweltschutzmaßnahmen, Produktionsvorschriften und Konsumentenschutz. Wegen der Rationalisierung der Verwaltung wird die Bürokratie abgebaut, die Betroffenen halten selber die Augen offen, anstatt zu glauben der Staat würde ihre Angelegenheiten schon in Ordnung bringen (vgl. Ralph Naders Prozesse in den USA wie den Trend zu Bürgerinitiativen etc.).
 
 

Die zwischenmenschlichen Beziehungen
 

Etwas Ähnliches ereignet sich in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Technik macht reinen Sex ohne Nachwuchs möglich und der Wohlstand ermöglicht es einer Frau, allein Kinder gut großzuziehen. Die traditionellen Regeln der Beziehungen haben sich daher aufgelöst. Die Frauen brauchen keinen Beschützer mehr, dafür brauchen sie nicht gehorchen. Sie sind frei und ebenso die Männer. Die Beziehungen werden zu freien Assoziationen, aus denen sich keine Ansprüche ableiten. Sie entstehen durch freiwilliges Geben. Und das freiwillige Geben wird schließlich das gesamte Leben der Menschen regulieren, sobald die Erfahrung des Übervorteiltwerdens durch die Erfahrung der Möglichkeit die eigenen Interessen zu realisieren abgelöst wird, denn bald wird sicher eine freie Berufswahl möglich sein, sodaß keiner mehr eine Ausrede hat wegen Ungleichheit der Chancen, sodaß sich keiner mehr verweigern muß, weil man sich auch ihnen nicht verweigert.

Derzeit sind Tradition und Einkommen Hauptmotiv der Berufswahl. Wegen der Nachteile dieser Motivation, die das persönliche Interesse unterdrückt, wird unter günstigeren ökonomischen Bedingungen bald das Interesse die Tätigkeit bestimmen. Jedem zugängliche Computer werden die Menschen mit gemeinsamen Interessen zusammenführen, bzw. Angebot und Nachfrage ausgleichen und dadurch das Ausmaß der Frustration vermindern. Die neue rationale Gesellschaftsordnung wird wesentlich von Computern abhängen, die für die gerechte Verteilung sorgen werden wie früher die weisen Fürsten. Somit wird eine wesentliche Fehlerquelle verschwinden: Die Sorge ums Überleben wird sich in die Aufmerksamkeit auf das beste Leben verwandeln. Die unterdrückende Kompromißlüge wird vom befreienden Engagement abgelöst, von der sorglosen und kompromißlosen Konzentration auf die Selbst-Verwirklichung. Eine alte Regel, die schon öfter in der Geschichte gute Dienste geleistet hat, wird wieder allgemein akzeptiert werden: Sorgt euch zuerst um das Reich "Gottes" und seine Gerechtigkeit - also um das, was euch interessiert - und alles andere wird euch hinzugegeben werden.

Und so wird nach der industriellen Revolution eine harmonische rationale Gesellschaftsordnung entstehen, die möglicherweise hunderte von Jahren wie selbstverständlich von allen respektiert werden wird.

Weil es keine Unterdrückung geben wird, wird die kommende rationale Gesellschaftsordnung anarchisch sein und trotzdem hierarchisch. Die Unteren, die es nach wie vor geben wird, nur mit dem Unterschied, daß sie sich bewußt und freiwillig unterordnen, werden aufschauen zu ihren Lehrern, die wieder sein werden, was sie zu sein vorgeben. Die neuen Regeln des Zusammenlebens werden selbstverständlich sein, weil sie funktionieren. Die Menschen werden sich diesem neuen Ritual zu ihrem eigenen Vorteil unterordnen, bis, vielleicht nach einigen Jahrhunderten dieses neue Ritual wieder von den Oberen mißbraucht und von den Unteren daher verworfen werden wird in einer neuen Revolution, aus der wieder neue Verhaltensregeln hervorgehen werden usw..
 
 

Der neue Mythos
 

Das, was an unserer heutigen Situation neu ist, ist die bevorstehende Vereinigung aller Völker der Erde. Diese Situation macht einen Mythos nötig, den alle akzeptieren können und die wichtigsten Vorarbeiten zur Relativität aller Ideologien sind bereits geleistet. Das Ganze braucht nur noch allgemeinverständlich formuliert zu werden in einer allgemein akzeptablen Sammlung von Mythen, die sozusagen von einer Weltregierung kanonisiert werden müßte, wie damals Kaiser Konstantin es getan hat mit den christlichen Mythen, die schon ein paar hundert Jahre im Umlauf waren, weil sie die Möglichkeiten jener Zeit am besten ausdrückten und für die nun die Zeit gekommen war, zur offiziellen Staatsideologie zu werden, denn die Autorität des alten Gottkaisers war dahin und so mußte der Kaiser sich der neuen Gottheit beugen, den faktisch bereits allgemein akzeptierten neuen Mythos sanktionieren.

Ähnlich ist heute der Glaube an die Technokratie im Schwinden und der neue Mythos der Selbstverwirklichung ist an seine Stelle getreten. Die künftige Weltregierung wird diesen Mythos auf ihre Fahnen schreiben. Sie hat keine andere Wahl, denn bis dahin wird die Verteilung der Güter optimal sein. Es wird keinen Grund zu einer Auflehnung geben und die Menschen werden sich daher ihrem vollen Einsatz, d.h. ihrer Selbstverwirklichung widmen können. Der Mythos wird für viele Wirklichkeit werden. Die Rationalität hat wieder einen vollständigen historischen Zirkel geschlossen, sie hat ihren Zweck erreicht und Zeit geschaffen für das Irrationale, Überrationale, das Erleben, das Leben.
 
 

Die ideale Politik
 

"Gib dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, was Gottes ist." Und vor allem gib dem Volk, was des Volkes ist.

Der beste Politiker ist ein vorurteilsloser Politiker. Ein vorurteilsloser Politiker gibt den Leuten, was sie wollen - nicht was er meint, daß gut für sie wäre.

Was die Leute heute wollen, ist eine Gehirnwäsche, denn ihr Lebensstandard erlaubt ihnen Dinge, die sie sich aus Tradition noch selber verbieten. Die Menschen suchen die Freiheit und sie werden sie finden. Der Trend läßt sich nicht aufhalten. Es ist der Trend zur Entspannung.

Die Menschen möchten aus ihren Alltagsschranken ausbrechen und völlig neu wieder natürliche Erfahrungen machen. Die Erfahrung der Wildnis der Großstadt, die Erfahrung der Befreiung durch die Aufhebung der Verbote, durch die Befreiung der Lust. Die Bewegung hat schon begonnen und sie ist nicht mehr aufzuhalten.

Vor Jahrtausenden hat es in gewissen Gegenden Tempel der Lust gegeben. Sicher hat es lange gedauert bis die Lust in ein religiöses Ritual erstarrte. Und heute erleben wir den umgekehrten Vorgang: Die Aufhebung der religiösen Antilust. Die Discowelle ist ein Vorbote der Bewegung, die sich ändernden staatlichen Gesetze über persönliche Beziehungen und Geschäfte sind ein weiteres Zeichen. Die Bewegung wird nicht abreißen und vorübergehen, wie viele hoffen, sondern immer gewaltigere Ausmaße annehmen, bis neue Tempel der Lust die alten lustfeindlichen Tempel ersetzen werden. Zuvor wird so etwas wie eine Discopartei entstehen, die den Staat lenken wird und ein echter Mr. Universe wird an der Spitze der Welt stehen. Die Herrschaft wird wahrhaft demokratisch sein nach dem alten Grundsatz "Brot und Spiele".
 
 




CHANCENGLEICHHEIT






SOZIALER STATUS UND SELBSTVERWIRKLICHUNG
 

Worin liegt der Unterschied zwischen dem Penner und dem Universitätsprofessor oder zwischen dem Generaldirektor und dem Gemischtwarenhändler? Und wo liegt der Unterschied zwischen dem, der seine Arbeit liebt, und dem, der sie haßt?

Der Penner ist nicht notwendig weniger gebildet als der Universitätsprofessor. Es kann sein, daß er mehr weiß wie jener. Auch bei den Pennern gibt es Unterschiede. Es gibt Pennerkönige wie Diogenes und es gibt solche, die nicht viel wissen, die nicht wissen, wie ihnen geschieht. Und das gibt es auch bei den Universitätsprofessoren: Manche taumeln nahezu bewußtlos nach oben. Wie in einer Zwangsjacke steckend lassen sie sich treiben und als ob jemand einen Revolver an ihre Schläfen gesetzt hätte, arbeiten sie. Ihre Aufmerksamkeit wird durch imaginäre Schläge auf ihre Fühler immer wieder in Richtung Karriere getrimmt, jedesmal wenn sie sich etwas anderem zuwenden wollen. Der überwältigende Einfluß ihrer Eltern bestimmt die Richtung und wenn sie das Ziel erreicht haben, den erwünschten sozialen Status, kleben sie daran und verrichten ihre Sklavenarbeit, wie sie glauben, sie müßten. Die Chance ihrer Befreiung ist gering.

Bei manchen erhebt sich ein Widerstand gegen derartige Drangsalierung. Sie scheitern, weil sie trotzen müssen. So kann aus einem Doktoranden ein Penner werden. Wieder nur wenige von diesen erfassen ihre Situation und ändern sie, indem sie zu sich selber finden.
 
 


DIE BOTSCHAFT AN DIE SOZIAL ENGAGIERTEN,
DIE DIE ARMEN VON DER AUSBEUTUNG ERLÖSEN WOLLEN.





Es gibt ein Zen-Kloster in Japan, in dem sich die Mönche nur von geschältem Reis ernähren. Die ersten Monate nach ihrem Eintritt stellen sich bei allen Mönchen Vitaminmangelerscheinungen ein: Haare fallen aus, Zähne werden locker usw. bis sich dann die Erkenntnis durchsetzt, daß der Körper der älteren Mönche all diese speziellen Substanzen, die sein System regulieren, synthetisieren kann oder sie vielleicht überhaupt nicht mehr braucht, weil die Steuerung nun auf einem direkteren Weg erfolgt. Wie auch immer. Von diesem Punkt an, da sie erkennen, daß es möglich ist, brauchen sie keine Vitamine mehr. Sie können sich ohne Bedrohung ihrer Persönlichkeit "unmenschlichen" Lebensbedingungen aussetzen. Sie erlangen Herrschaft über sich selbst. Vielleicht werden die besten überhaupt nichts mehr brauchen, um zu überleben.

Manche Leute tun also etwas freiwillig, was andere Leute erzwungen und unwillig tun, die dann natürlich die schlimmsten Symptome zeigen und schließlich an ihrem Mangel sterben. Die äußere Versorgungslage ist gleich in dem Kloster und in äußerster Armut. Beide werden unterernährt, aber der Arme stirbt daran, während der Mönch an seiner Herrschaft größten Spaß haben kann. Vielleicht wird sich dann der Mönch nicht vom Kloster befreien können und daran sterben, dann hat ihn das Schicksal doch noch eingeholt. Aber bis dahin hat der Mönch einen Vorteil gegenüber dem Verhungernden. Wenn ein Armer diese Chance fürs Überleben sehen könnte, nicht im Kloster, aber mit der Methode, die die im Kloster benutzen in der Situation, in der er lebt, dann würden sich seine Chancen für ein befriedigendes Leben erhöhen, seine Kraft würde zunehmen. Sobald also ein Armer aufhört, sich zu bedauern und andere für seine Situation verantwortlich zu machen, wird auch für ihn alles möglich. Ein Verhungernder kann ein Generaldirektor werden, ein Star oder ein Heiliger, wenn er dies erkennt. Ein Kranker, der an seiner Krankheit zu sterben droht, kann dasselbe. Die Einsicht, daß jeder Mensch die volle und freie Verantwortung für sein eigenes Leben und Schicksal übernehmen muß und kein Vorteil darin liegt, anderen die "Schuld" an irgendetwas zu geben, kann sein Leben retten. Es gibt Menschen, die haben das vorexerziert und das waren keine Marsmenschen, sondern Menschen wie du und ich. Wir alle sind gleich konstruiert, wir alle können es tun. Es ist eine Möglichkeit, die zumindest unserer biologischen Gattung gemeinsam ist, wenn nicht allem Leben, jeder Kraftkreuzung.

Menschen, die die Verantwortung für ihr Leben übernommen haben, brauchen nicht alle Energien fürs Überleben, sie zehren sich nicht auf, sondern durch ihre extra Energie arbeiten sie sich den Weg heraus, verbessern sie sich ihre Situation in die Richtung, die sie gern haben. Und diese Chance der Befreiung ist unabhängig von der sozialen Herkunft der Menschen. "Bildung" spielt hier keine Rolle, auch nicht "Intelligenz". In dieser Chance liegt die wirkliche Gleichheit der Menschen, die in all dem sozial(istisch)en Gleichheitsgeschwafel nur eine Farce bleibt.

Wenn Menschen auf die wirtschaftliche Revolution warten, auf die Sozialisten hoffen, daß sie endlich "gerechte" Zustände herstellen, werden sie ihr Ziel nicht mehr erleben, denn in der Politik geht es um historische Dimensionen, die die Menschenalter weit übersteigen. Das Schlaraffenland für alle ist noch weit von uns. Wir werden es ganz sicher nicht mehr erleben. Die darauf hoffen, können das Paradies nicht genießen und sie werden es auch nach ihrem Tod nicht erben. Es gibt nur ein wirkliches Paradies und das ist für alle gleich leicht oder schwer zu erreichen. Es erfordert zuerst eine Umstellung der Einstellung von negativ auf positiv, von "du bist schuld" auf "ich kann, andere haben es vorgezeigt, es ist bewiesen, es geht". Das ist das Zauberwort, das "Sesam öffne dich". Alles ist möglich für den, der glaubt und nicht zweifelt. Selbst die Bindung an die Materie überwinden ist möglich, alles ist möglich, wovon immer ein Mensch träumen könnte, es ist möglich. Alle haben die Chance, ihre Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Hier gibt es keine Privilegien. Nicht erst im Tod sind alle gleich, schon in dieser Entscheidung. Arm oder reich macht da keinen Unterschied.

Das Schlaraffenland bietet kein Glück. Nur aus der Schöpferkraft kommt Glück und die kann jeder haben. Sie beginnt mit der Entscheidung dafür, freiwillig die Verantwortung zu übernehmen, also für die Kraft. Die Schöpfung der Energie aus dem Nichts beginnt mit der Ausgabe von Vorschußenergie ins Risiko, mit unerschütterlichem Glauben. Die Schöpferkraft ist Herrschaft, Freude, Lust und Unterordnung unter das Schicksal in einem.

Die gesamte kapitalistische Welt - und das schließt die "sozialistische" ein, denn die Sozialisten sind ja noch unerbittlichere Kämpfer für den Kapitalismus, das Schlaraffenland, das materielle Paradies - läuft hinter der Vorstellung her, daß die Welt, die ihre Berechnungen betreffen, in der ihre Maschinen wirken, alles ist. Aber das ist Unsinn; es ist offenkundig daß Luxus und Glück in keinem ursächlichen Zusammenhang stehen, obwohl gerade an diesem Zusammenhang so viele glauben, daß heute der Großteil der abendländischen Menschen hauptamtliche Lohnsklaven sind, deren gesamtes Leben von gesellschaftlichen Verhaltensnormen gelenkt wird, deren oberster Wert die rationalisierte Produktion von Überfluß ist. Deshalb führen sie ein entfremdetes Leben. Aber gerade an sie richtet sich die Botschaft der Befreiung, an alle, die sich bedrückt fühlen durch diesen gesellschaftlichen Zwang.

Der Weg beginnt mit der positiven Einstellung zum Schicksal, die auf dem Wissen beruht, daß zum Überleben fast nichts genügt. Wer ohne Luxus leben kann, hat sich eine Basis geschaffen, von der aus alles möglich ist.

"Eine Schale Reis am Tag genügt", hört sich an wie ein Propagandaschlager für Ausbeuter, aber ein Mensch, dem eine Schale Reis am Tag genügt, läßt sich nicht mehr ausbeuten, denn seinen Lebensunterhalt kann er sehr leicht ohne entfremdende Arbeit erwerben. Auf die Ausbeuter sind nur die angewiesen, die glauben, Luxus sei der Sinn des Lebens. Und das ist auch das Problem der Entwicklungsländer. So lange die Menschen dort von der anziehenden Kraft der Technik nicht berührt wurden, waren sie frei, jetzt sind sie versklavt und am Verhungern. Es gibt eine Insel, auf der Menschen bis zum heutigen Tag Bäume für telepathische Übermittlung von Botschaften zu benutzen verstehen. Aber seit dem Einzug der "Zivilisation" sagen die Leute dort "ein Telefon wäre uns lieber". Durch die Berührung mit der materiellen Technik haben sie das Verständnis für die Wunder der Natur verloren und damit ihre Fähigkeit, in Freiheit zu überleben. Durch die Technik glauben sie nun, die Natur beherrschen zu können, und bemerken nicht, daß sie Sklaven ihrer eigenen Machtgelüste geworden sind, denn noch ehe sie die Natur beherrschen, wird der Tod sie holen.

Die Selbstverständlichkeit, mit der die meisten Menschen heute auf die Technik setzen, ist erschreckend - nicht erst, wenn man weiß, daß die fortgeschrittenste Technologie in Massenvernichtungswaffen steckt. Sie meinen die Fortschritte der materiellen Medizin hätten die durchschnittliche Lebenserwartung verdoppelt, aber was ist das im Vergleich zu den "900" Jahren der Methusalem und was ist "Lebenserwartung" im Vergleich mit Glück, mit Identität. "Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden leidet?" Was hilft all der Lebensstandard, wenn er durch Entfremdung erkauft ist?

Ein armer Mensch, der leidet unter dem Druck der Verpflichtung zum Wohlstand, hat aber gerade durch dieses Leiden die Möglichkeit, seine Situation grundlegend zu überdenken und zu verändern. Eine alleinstehende Mutter mit drei Kindern, die sich abrackert, damit ihre Kinder in der Schule nicht wegen ihrer Armut verspottet werden, wird, so lange sie wegen ihrer Lage sich oder anderen die Schuld gibt, ihren Kindern nicht sehr viel Gutes tun können. Aber sobald sie ihr Leid zum Anlaß nimmt, das, was sie tut zu überprüfen, hat sie eine Chance gewonnen. Von da an muß sie erkennen, daß es keine "Schuld" gibt, weil ein vernünftiger Mensch sieht, daß er Schulden, die er nicht eintreiben kann, am besten vergißt und sich auf das besinnt, was er kann. Und von da her wird sie fortschreiten. Wenn sich unsere arme Mutter für fünfundzwanzig Schilling die Stunde am Fließband versklavt und unfreiwillig verbraucht, kommt die Hilfe der Gewerkschaft, die ihr zehn Prozent Lohnerhöhung erkämpft, zu spät. Eine wirkliche Verbesserung ihrer Situation kann sie nur erreichen, indem sie selbst die Kontrolle über ihr Leben über nimmt, indem sie bestimmt, was sie und ihre Kinder brauchen.

Was haben die Kinder von modischer Kleidung, wenn ihre Mutter sich kaputt macht. Aber ihre Selbstbestimmung wird der Frau Kraft geben auch ihren Lebensunterhalt unter nichtentfremdenden Bedingungen zu erwerben.

Was die Frau dazu braucht, ist die Information, daß die gesellschaftlichen Wertesysteme und Zwänge relativ sind und daß sie ausbrechen kann, um zu sich selber zu finden. Diese Information ist natürlich subversiv und eine Bedrohung für die Stabilität der sozialen Machtstrukturen, weshalb sie nicht von Massenorganisationen verbreitet wird, die Kirche eingeschlossen, die an die Bergpredigt ihres "Stifters" längst nicht mehr glaubt. Trotzdem ist diese Information allgegenwärtig und wenn die Frau sie ergreift, wird sie trotz ihrer Armut durch ihr Bewußtsein der Freiheit mehr zum Glück ihrer Kinder beitragen können als durch ihre unfreiwillige, selbstverständliche Unterordnung unter entfremdende Mächte. So lange sie sich als Opfer sieht, wird sie ein Opfer sein, das ist die Regel.
 
 






DIE BAHN BRECHEN FÜR DAS SELBST






Daß Luxus, Lebensstandard das goldene Kalb ist, bedeutet nicht, daß Wohlstand schlecht ist, es bedeutet nur, daß ein Mensch zuerst gut sein muß. Er muß seine Befriedigung in seinem Weg finden und nicht erst im Ziel, denn "Niemand kann zwei Herren dienen" (Jesus). "Sorgt euch zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, alles andere wird euch nachgeworfen werden." (Jesus). Ein weiser Mensch sorgt sich nicht um seinen Lebensstandard, sondern schenkt dem, was er jetzt tut, seine ganze Aufmerksamkeit. Und so lernt er, die Zeichen sehen, von denen er sich lenken läßt. Vielleicht wird zu diesen Zeichen auch Geld gehören, aber es ist dann nicht mehr wichtig als Ziel.

Wer abhängig ist, erzeugt Abstoßung, so ist es in zwischenmenschlichen Beziehungen, so ist es auch mit Geld. Wer zu gierig ist, wird seinen Körper ruinieren, um es zu erlangen, gleich ob am Fließband oder im Chefbüro. Aber wer seine Sache gut macht ohne Rücksicht auf Belohnung wird ganz sicher nicht leer ausgehen. Ein weiser Mensch ist fähig, jede Position einzunehmen, in die sein Schicksal ihn stellt. Er ist allzeit bereit für alles, Luxus oder Hunger, nichts wird ihm etwas anhaben.

Aufgrund dieser Fähigkeiten sind die Erfolgschancen eines weisen Menschen überdurchschnittlich. Ein weiser Mensch wird sich um sein Überleben keine Sorgen machen müssen, denn er weiß, er tut sein Bestes. Er lebt mit dem Gefühl der Identität, nicht einmal der Tod kann ihn also schrecken. Wenn ein armer Mensch Weisheit erlangt, wird er keinen Grund mehr haben, sich zu beklagen und das Wissen erlangt er, indem er schon vorher aufhört, sich zu bedauern und statt dessen alles, was in seiner Macht steht, unternimmt, den Grund für seine Misere zu beseitigen.

Weisheit ist kein Leistungsanspruch. Ein Wissender, ein Krieger hat das Privileg, tun zu dürfen, was er will und er hat das Privileg, was immer er tut, so gut wie möglich zu tun, es zu genießen, voll aufzugehen - nicht in Eitelkeit, sondern im umfassenden Fühlen der aus ihm herausströmenden Energie und der Reaktion darauf. Ein Krieger wird sich hineinbohren, wohin immer er will, und er wird jeden Augenblick die Kraft seiner Position fühlen wie im Sex, denn er erlebt die Berührung mit der Schöpfung hautnah. Er begegnet allem mit Achtung. Er fühlt.

Ein Krieger ist kein gehetztes Wild, wie manche Manager. Er leistet sein Bestes freiwillig ohne Streß.
 
 

DAS BEWUSSTSEIN SIND DIE GEFÜHLE, SIE SIND "ICH"

Das ist alles, was wir haben, das ist alles, was wir sind: konkretisierte Gefühle, Schnittpunkte von Kraftebenen, Kraftkreuzungen, so etwas wie eine unendlich potenzierte Laserprojektion, die, sobald sie sich seiner selbst bewußt wird, aus sich heraus zu leben beginnt, sich ablösen kann von den determinierenden Faktoren, sich abstoßen kann in die Freiheit der Selbstverantwortung durch vollkommenes Vertrauen in die Gefühle. Durch die vollkommene Wahrnehmung des Selbst werden wir unser Ich mit der Welt in Deckung bringen. Der Mensch, der mit sich selber eins ist, wird zum Energiegenerator, zum Schöpfer, zu einem Wesen, das die Welt um etwas Großartiges bereichert: sich selbst mit Blüte und Frucht.

Das ist das "ozeanische Gefühl", das universale Bewußtsein, bei dem die Reise beginnt, des Ich zum Mittelpunkt der Welt, wo "Ich" zum Kraftzentrum wird, zum "Ich bin der ich bin", dem alles möglich ist und das sich total unterordnet und seine Gaben verteilt - nach den Anforderungen der Kraft, nicht unfreiwillig, sondern freiwillig, über Gebühr, nicht aus Pflichtbewußtsein (Moral), sondern aus Freude über das Geben, die Aufmerksamkeit, das Gefühl des bewußten Lebens, des totalen freien Einsatzes.

Wenn wir das Ich als vollkommen determinierte Energiestruktur betrachten mit der Illusion des freien Willens, wie die Materialisten es tun, gewinnen wir eine intellektuelle Grundlage dieses Selbstbewußtseins, denn eine konsequent materialistische Sichtweise führt zu einer Reinigung unserer Wahrnehmung und zum Beginn der Einsicht in die totale Relativität der Realität, in der höhere Mächte als wir Menschen die Schicksale von Individuen lenken. In der Dialektik hebt der Materialismus sich selber auf in eine vorurteilslose Betrachtung der Welt als unendliche Energiestruktur, deren Kreuzungspunkte ein unendliches Spektrum von Formationen sind, die alle Kraft auf uns ausüben aufgrund unserer eigenen Struktur, die wir zunächst nicht selber bestimmt haben.

Faktisch beginnt die Freiheit, wenn wir unsere Determination wahrnehmen und ihr nicht länger ausweichen. Das Schicksal akzeptieren heißt nicht, schwachsinnig werden, sondern kräftig, sich assymptotisch annähern an die Allmacht. Dabei ist die Macht kein Ziel, sie ist nur eine Erscheinungsform, ein Aspekt des "Ich bin der ich bin". So lange Macht ein Ziel ist und durch ihre Spiegelung im Selbstbewußtsein die Kraft des Ich steigern soll, ist das Ich gefangen in seiner Einbildung. Um zum vollkommenen Fühlen, zum illusionslosen Selbstbewußtsein zu kommen, muß ein Mensch seine Reflexion abstellen, damit all seine Aufmerksamkeit ungeteilt der Wahrnehmung zukommen kann. Dann verschmelzen Wahrnehmung und Aktion auf optimale ungetrübte Weise, die Kraft wächst und die Fähigkeit, mit derartiger Aufmerksamkeit zu leben. Dann lebt ein Mensch heute heute, ohne störende Erinnerungen oder Vorsichten. Erlebt seine Antriebe bewußt und verwirklicht sie ohne Furcht und ohne sich durch verführerische oder erschreckende Reaktionen beeindrucken zu lassen. Dann kann ein Mensch unbeirrt glauben an den "Ich bin der ich bin".

Dieses "Glauben" ist etwas anderes, als die meisten Leute unter dem Wort verstehen und das der Volksmund richtig als "nichts wissen" charakterisiert. Die meisten der heute Religiösen haben ihren "Glauben" von ihren Vätern übernommen, sie kennen ihn nur vom Hörensagen und das schon seit hunderten von Generationen. Der "Glaube" der Weisen aber kommt aus ihrer eigenen Erfahrung und ist dadurch gleichbedeutend mit Wissen.

Ein Mensch auf dem Weg in die Freiheit beginnt damit, daß er Bewußtsein erlangt über seine Gefühle und Herrschaft über seine Aktionen.

Ersatzhandlungen sind ein Zeichen dafür, daß da etwas ist, das wir verdrängen, durch eine überflüssige Belohnung zudecken, das Bewußtsein des Mangels verschleiern durch das notwendig in den Vordergrund drängende Gefühl der Befriedigung, das aber auf Dauer den Mangel nicht wird abhalten können, durchzudringen. Und zuletzt wird auf diesem Weg unser Mangel oder der Überfluß an Ersatz uns umbringen. Wir werden die Erscheinung "Krankheit" nennen und ohne das Bewußtsein erlangt zu haben, sterben als Sklaven unserer Widersprüche, gefesselt an unsere Reflexionen, die das Bild unserer Wirklichkeit entstellen.

Wir müssen an den Punkt kommen, wo wir schuldgefühl- und reuefrei Ersatzhandlungen gebrauchen können, damit wir deren Unsinnigkeit und Sinn begreifen, damit wir frei werden, sie ohne Gefühl der Bedrückung aufzugeben und den Mangel direkt zu bekämpfen. Dann sind wir frei von Entfremdung, die ein zwangsweises Befolgen oder Brechen von Regeln von Kräften ist, denen wir ausgesetzt sind. Ein Mensch, der sich seiner Position bewußt ist, wird keine Zwangsgewohnheiten mehr haben, er wird einen Fehler nur einmal begehen und sich entfalten zu einer Erscheinung, die sich und die Welt erfreut, ohne entfremdende moralische Vorbehalte.

Regeln brauchen wir nur zu unserer eigenen Gehirnwäsche, damit wir uns befreien von "bösen Geistern". Wir müssen den Kräften, die gegen uns arbeiten, etwas entgegensetzen, damit wir nicht in ihre Fallen tappen. Durch geregelte Beschränkungen wird es uns möglich unsere Ersatzhandlungen ersatzlos zu streichen, bewußt einzugreifen in unser Leben, um das Zuviel zu verringern und das Zuwenig aufzufüllen. Jeder Mensch fühlt diese Kräfte, die ihn zu seinem Unheil verführen. Sie sind real, wie die Sirenen, angesichts derer Odysseus sich festbinden ließ, um ihnen nicht zu erliegen.

Aber alle Regeln haben einen bestimmten Zweck, ohne den sie sinnlos sind und selbst zu bösen Geistern werden. Das Leben selbst hat weder Sinn noch Zweck, denn es ist ewig, ohne Ziel nur für sich selber da. Daher gibt es keine absolute Moral, sondern nur die erfahrbare Wahrheit, daß die höchste Energie zur Freiheit drängt.

Mein Schreiben hat den Zweck, mir den Prozeß meiner Befreiung bewußt zu machen, meinen Willen zum Vorschein zu bringen, den Weg zu bereiten in die Freihielt.

"Ist es denn wirklich so", frage ich mich, "gibt es keinen bequemen Ausweg? Kann ich mich nicht einfach gehen lassen. Muß ich wirklich immer bei vollem Bewußtsein alle meine Energie einsetzen zu meiner Befreiung? Darf ich denn nicht einmal rasten, mich entspannen?" Und indem ich dem praktisch und theoretisch nachgehe, sehe ich: Es gibt keinen Ausweg, aber meine Angst ist unbegründet. Ich darf alles genießen, Entspannung wie Arbeit und ich kann es erst richtig mit voller Aufmerksamkeit. Das ist auch der tiefere Sinn des Sportsgeists. Und wenn wir mit vollster Aufmerksamkeit tun, was immer wir tun, finden wir sehr schnell heraus, was wir wollen.

"Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir Gott", sagte Augustinus nach einem freudenreichen Leben. "Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen" behauptet ein frommer Spruch. Die Unruhe treibt uns an, etwas zu verändern, damit es uns besser geht. Und wenn wir den Zeichen folgen, geht es uns besser, von Tag zu Tag, bis wir nichts mehr zu beklagen haben. Am Weg unserer Selbstverwirklichung werden sich immer weitere Schwierigkeiten ergeben, wie die Welt allem Leben ständig Widerstand entgegensetzt, aber ihn zu überwinden, macht gerade den Spaß des Lebens aus. Das ist die Dialektik des Lebens, unser Schicksal. Und der beste Weg ist der, so viel wie möglich zu geben.

Das, was wir geben, müssen wir zuerst erwerben und dabei wissen, daß es in der Freiheit kein "Verdienst" gibt. Wir erwerben, was wir geben, indem wir es geben. Wer Liebe will, muß Liebe geben, wer Aufmerksamkeit will, muß Aufmerksamkeit schenken, wer Geld will, muß seine Lebenszeit opfern. Wer frei sein will, muß möglicherweise auf Lebensstandard verzichten und seinen Interessen nachgehen, in die Richtung, in die es ihn treibt, ohne Vorurteil.

Es gibt keine "Verbrecher", es gibt nur Menschen, die sich wohl fühlen und bedauerliche Kreaturen, die bedauernswert sind, nicht weil sie leiden, sondern weil sie sich selber leid tun. Sie sündigen gegen den "Heiligen Geist" (Jesus). Wir alle bewegen uns in der selben Welt und wir kennen ihre Gefahren und zwar schon bevor wir in die Schule gehen, schon von Natur aus. Schon ein Säugling erkennt Gefühle und Absichten seiner Umgebung und reagiert entsprechend darauf. Und ein Kind, das seinem Mörder folgt, hat dafür seine Gründe, wie der Schüler, der sich umbringt, wegen eines Fünfers im Zeugnis. Wer ist schuld? Der Mörder, die Lehrer, die Eltern, das Kind? Kinder sind sehr sensibel. Die Antriebe, denen sie folgen, werden geformt durch die determinierenden Einflüsse der Umwelt und sie gehen die verbotenen Wege, wenn sie eine Unaufrichtigkeit in einem Gebot feststellen. Kinder probieren alles aus, was ihnen in den Sinn gebracht wird. Sie erkennen die schwachen Stellen in Rechtfertigungssystemen sofort und akzeptieren die wirklichen Kräfte, die auf sie einwirken. Man kann sie nicht belügen.

Erst später, wenn ein Mensch beginnt, selbständig zu werden, haben diese wirklichen Kräfte ihre Furchen so tief eingegraben, daß er "von selbst" in diesen Bahnen läuft, bis er erkennt, daß er die Bahn brechen und aus seinen Erfahrungen und Gefühlen heraus seinen eigenen Lebensweg gehen muß. Dann verliert er seine feste Form und kann tatsächlich alle seine Erfahrungen verwerten, ohne von einer ihm fremden Macht gegängelt zu werden. Das ist Emanzipation, Befreiung von der Entfremdung, Selbstverwirklichung, die aber nicht die Befreiung von allen Schwierigkeiten ist. Das Lernen hat kein Ende, aber gerade im Ausgeben der Energie liegt die höchste Lust im Leben. So führt die Askese zur Lust und die Lust zur Askese, beides zum Maß, zum Bewußtsein der Schöpfung der Energie aus dem Nichts durch den vollen Einsatz ohne Garantie.

Die meisten Menschen unseres "wissenschaftlichen" Zeitalters glauben, alles ergründen zu können, wenn sie nur glauben, was sie sehen. Aber sie beschränken sich die Sicht durch Sicherungen. Sie erklären die Welt im Sinn des Mammon, ohne Wissen um das Geheimnis des Lebens und der Kraft. Und so arbeiten sie dem Untergang der Menschheit entgegen, an ihrer Selbstzerstörung.

Aber die absolutistische Autorität ist im Schwinden. Jeder sieht sich auf sich selbst gestellt. Daher fragen heute wieder mehr Menschen nach dem persönlichen, nach einem nicht-konventionellen Weg zum Höchsten, nach dem ursprünglichen, nach dem, den die Schöpfer der Mythen intendiert hatten, bevor ihre Erzählungen als "unwissenschaftlich" ihren Wert verloren.

"Der ewige Weg ist ohne Namen", sagt Lao-tse und tatsächlich muß jeder Mensch seinen eigenen Weg zum Höchsten finden und keine Gebote und Regeln können das Individuum befreien von der Notwendigkeit, sich den Glauben selbst zu erwerben, den die Mythen dokumentieren, daß nämlich alles möglich ist. Wir müssen es auf dem harten Weg lernen, nämlich selbst. Die Erfahrungen anderer können uns helfen, uns Mut geben, aber tun müssen wir es selbst. Die Mythen sind Konzentrate höchster Erfahrungen und auch wenn der Prophet Daniel und die Jünglinge im Feuerofen nie existiert haben, ist der Mythos hinter dieser Legende eine Wahrheit: Dem, der glaubt, ist alles möglich. Es gibt auch heute Menschen, die die Wahrheit der Mythen demonstrieren, die über glühende Kohlen gehen, ohne sich die Füße zu verbrennen, die Gefühle anderer Menschen über große Entfernungen hinweg empfangen, Menschen ohne Medikamente heilen. Es gibt auch heute Menschen, die die materialistischen Kausalzusammenhänge Lügen strafen, die durch ein höheres Gesetz die Gesetze der Mechanik außer Kraft setzen. Die Zeugnisse sind zu mannigfaltig, als daß man sie leugnen könnte. Es ist offenkundig.

Die Welt ist ein Rätsel, wie es seit alten Zeiten die Sphinx symbolisiert. Nur wer es lösen kann überlebt, aber nur die sind auf dem Weg zum Höchsten, die darüber hinausgehen und anstatt die Welt lösen zu wollen, ergreifen, was sie stärkt, die Enden der unendlichen Kraft, die in ihrer Reichweite liegen.

Das ist der Wendepunkt. Daraus ergibt sich die totale Veränderung. Sie beginnt mit der Neuinterpretation der Wahrnehmung, gestützt von der zunehmenden Erfahrung, daß alles möglich ist. Dann wird der Angstschrei zum Kampfschrei, dann kann der frierende Körper seine Temperatur auf die Kälte einstellen. Für den, der sich nicht gehen läßt in Konventionen, gibt es keine "Krankheit", sondern nur Widersprüche, die er mit seiner Kraft lösen kann.

Daß die Mythen von der Kraft nicht bloß Märchen sind, sondern Wirklichkeit, haben wir alle schon oft in unserem Leben erfahren und ließen wir uns nicht so sehr von der Macht des Mammon und seiner Vertreter beeindrucken, wüßten wir, daß die Kraft uns ständig zur Verfügung steht.
 
 






DIE SEXUELLE GEMEINSCHAFT






Die alte lustfeindliche Moral löst sich heute auf, aber die sexuelle Gemeinschaft besteht unabhängig von Moral. Sie setzt keine Gesellschaftsveränderung voraus, sie ist für jeden, unabhängig von seiner Herkunft erreichbar. Sie ist das sexuelle Paradies, aber kein Schlaraffenland. In der sexuellen Gemeinschaft gibt es keine Unterdrückung. Die Menschen sind einander gleichwertig als Menschen, als Körper, deren Berührung sie lieben.

Die Menschen in der sexuellen Gemeinschaft haben erkannt, daß die Alternative zum Benütztwerden nicht die Verweigerung ist, sondern das der eigenen Bedürfnisstruktur entsprechende Benützen und sich benützen lassen. In der Einsicht, daß wir niemand anderem die Schuld geben können für unser Verhalten - weil es ja unser Leben ist, das auf dem Spiel steht - verlieren wir die Angst, unterdrückt zu werden, und gewinnen einen Angriffspunkt, von dem aus wir unser Handeln verbessern können. Erst wenn wir die Wirklichkeit sehen, wie sie ist, erst wenn wir unsere Abhängigkeiten erkennen und eingestehen, können wir sie überwinden, denn dann stärkt die Wirklichkeit unsere Kraft. Wer die Quelle der Kraft so in sich selbst entdeckt hat, wird damit nicht automatisch und sofort von allen Abhängigkeiten befreit, aber von diesem Augenblick an hat er ein Mittel, seine Probleme zu lösen, mehr und mehr das zu tun, was ihm entspricht. In der sexuellen Gemeinschaft ist keiner beleidigt, weil er etwas, das er möchte, von jemand anderem nicht bekommt, sondern jeder gibt, was er geben möchte und jeder nimmt, was er bekommen kann, alle benützen sich gegenseitig, ohne daß jemand ausgenützt würde.

Die Widersprüche zwischen dem eigenen Bedürfnis und dem "gesellschaftlichen" Druck, unseren Hemmungen, heben wir auf, indem wir die tatsächlichen Kräfteverhältnisse sehen und nutzen lernen. Wir alle haben im Ende die gleiche Chance. Ob wir mit Sex-appeal geboren sind oder als Mauerblümchen beginnen, ob spontan oder gehemmt, wir alle tragen Vorurteile in unsere sexuellen Begegnungen hinein, die unsere Kommunikation behindern. Die meisten Menschen sind durch ihre Erziehung ausgestattet mit einem klassenspezifischen Idealbild ihres Sexualpartners und ihrer Rolle im Spiel, das ihre biologischen Antriebe überlagert. Die spontanen Menschen sind gute Schauspieler und bekommen daher am Anfang mehr Befriedigung wie die Gehemmten, aber schließlich stehen auch sie vor dem Problem, daß sie ihre Maske fallen lassen müssen und da hilft alle Schauspielerei nichts mehr.

In der sexuellen Gemeinschaft sind alle Masken gefallen. Alle Hochnäsigkeit ist verschwunden und alle Angst. Es gibt keine sexuelle Moral mehr, vielmehr gibt jeder nach seinen Bedürfnissen und es empfängt jeder nach seinen Fähigkeiten. Wer seine sozialen Vorurteile und seine Einbildung überwunden hat, nimmt die, die sich anbieten. Ein Krieger ziert sich nicht, sondern nimmt die, die ihn wollen und er tut mit ihnen, was er will. So gewinnt er Kraft. Auch ein Löwe sucht sich nicht den stärksten Bullen, sondern den, dem sein Schicksal auf den Leib geschrieben ist. Die am meisten bieten, bieten nicht Werte wie Reichtum oder Jugend, sie bieten sich selber ganz und gar ohne Reserve. In der sexuellen Gemeinschaft regiert die unleugbare Kraft, die eine natürliche Vorsicht und Rücksicht bereits einschließt, nicht nach Menschensatzungen, sondern nach der Kraft des Fühlens.

"Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen". Nur "wegen eurer Herzenshärte hat Moses euch erlaubt, einen Scheidebrief auszustellen" (Jesus). Die meisten, die das heute hören, halten Menschensatzungen für das Gesetz. Ist das Ritual der Eheschließung die Bindung, die von Gott ausgeht? Was ist die "Herzenshärte", von der Jesus spricht? Liegt sie nicht in all den Bindungen, die nicht von "Gott" ausgehen, sondern von einem menschlichen Zweck, die "Irrtümer" sind, weil sie zu berechnen suchen, was nicht zu berechnen ist? Sie ist die Maskierung, die von unseren sozialen Ängsten ausgehenden Spiele. Das, was von "Gott", was vom "Ich bin der ich bin" ausgeht, ist die Bindung an unsere Gefühle, an unsere Träume an unser Selbst. Sicher liegt für viele die lebenslange Ehe auf ihrem Weg. Andere werden die sexuelle Gemeinschaft suchen und finden und wieder andere ein Leben ohne Sex wählen, weil andere Wunder der Welt sie mehr anziehen. Unsere Identität unterliegt nicht unserer Willkür und wir wissen bereits, was uns gut tut und was nicht. Das als Wegweiser nehmen, bedeutet das Schicksal akzeptieren. So übernehmen wir die Verantwortung für unser Leben und überwinden die Entfremdung. Jeder muß es für sich selber tun, seiner eigenen Bestimmung folgen, gleich ob es die Ehe, die sexuelle Gemeinschaft, die Erde oder das Wissen ist.

Nur die, die ihrer Bestimmung folgen, haben ihre Herzenshärte verloren. Sie brauchen die Gebote des Mose nicht mehr. Sie wissen, was sie zu tun haben. Sie leben im "Reich Gottes", das in dieser Beziehung die sexuelle Gemeinschaft ist. Dort versucht keiner den anderen zu seinem Bild zurechtzuschneiden. In der sexuellen Gemeinschaft bestärkt einer den Andern in dem, was er ist - ungefähr so wie Verliebte es tun.

Der Verliebte ist ein Spiegel für ein anderes Selbst, der nichts Negatives wiedergibt. Das ist auch der Hintergrund von Märchen wie dem vom Froschkönig oder von der schlafenden Prinzessin. Geliebt kann ein Mensch ohne Furcht aus sich herausgehen und sich verwirklichen. Die "Entstellung" der Wahrnehmung im Verliebten ist in Wirklichkeit eine zeitweilige Aufhebung seiner Vorurteile. Sie schafft eine höhere Wahrnehmung, die der Grund ist für den Erfolg der Liebe: Wer jemand anderen sein und tun läßt, was er sein und tun möchte, nicht kritisierend, sondern unterstützend, wird das Beste von diesem Menschen bekommen. Um zu lernen, legt der Verliebte den schützenden Mantel seiner Vorurteilslosigkeit um den Geliebten, damit dieser seine Maske fallen lassen kann, er selbst sein kann, sich nackt zeigen kann. Und so lernt der Verliebte trotz seiner Illusionen von der ungeschminkten Wahrheit und indem er selbst höchste Kraft einsetzt, überwindet er seine inneren Widersprüche und wird schließlich fähig an der Gemeinschaft der Liebe teilzuhaben. Für viele schafft das Verliebtsein Probleme, die sie vorher nicht für möglich gehalten hätten. Das ist der Prozeß der Anerkennung der Wahrheit. Der Weg zur Wahrheit ist der Weg zur Liebe, die auf Rechtfertigungen verzichtet, die Tatsachen anerkennt, wie sie sind, sich hingibt ohne zu rechnen, ohne Vorbehalte. Die Liebe versteht sich von selbst. Sie ist nicht die Erfüllung eines Gebots, eines Zwecks, sie tut, was Freude macht. Deshalb wird Sex Liebe genannt, als Symbol für das höchste Wohlbefinden.

Aber viele resignieren auf dem Weg, immer wieder enttäuscht darüber, daß ihre Hoffnungen von ihrem Partner nicht erfüllt werden, ohne zu der Erkenntnis zu gelangen, daß Erfüllung im Geben liegt.

Manche wollen die Freiheit durch Sex ohne Liebe erreichen. Menschen benützen einander, um ihre angestauten sexuellen Antriebe abzureagieren. Aber sie bleiben sich selber verhaftet, "seifconscious", wie man auf englisch sagt, befangen in ihren eigenen Vorstellungen. Was da über Selbstbefriedigung hinausgeht, ist einerseits der Reiz des Verbotenen, andererseits ein Gefühl der Überlegenheit oder des Beherrschtwerdens. Aber schließlich ist sogar auf diesem Weg Liebe möglich, wenn es gelingt, sich zu verlieren, alle diese Umstände zu vergessen und sich voll herzugeben, nichts zurückzuhalten, alle Vorstellungen fallen zu lassen und völlig im Anderen aufzugehen. Dann ist die Kommunikation wieder hergestellt, und Sex ist wieder Liebe.

Welchen Weg wir auch wählen, die Befreiung liegt nicht in uns, sondern draußen. Wenn wir unser eigenes Bedürfnis erkennen - nicht mehr vermittelt durch soziale Urteile - und die Bedürfnisse der Anderen, wenn wir also nicht mehr zwischen gut und böse unterscheiden, stehen wir an der Schwelle der sexuellen Gemeinschaft. Die Menschen dort stellen keine Ansprüche und trotzdem äußern sie, was sie wollen. Sie erwarten nichts und werden deshalb über Gebühr belohnt durch alles, was sie erhalten. Menschen, deren sexuelle Beziehungen frei von Ängsten sind, können ihre Bedürfnisse immer befriedigen, wenn sie es brauchen und sie verweigern sich nicht, wenn jemand sie braucht.

Die sexuelle Gemeinschaft ist nicht der "Gemeinbesitz" der Frauen oder Männer, in der sexuellen Gemeinschaft gibt es keine Ansprüche, keine Rechte. Sie ist keine Gemeinschaft des Nehmens, sondern des Gebens. Wer allen seinen Eigensinn, seine Widerstände gegen andere aufgegeben hat, dem steht alles offen. Das ist das Grundprinzip der Kommunikation. Der, der bereit ist, das "Licht" zu sehen in den Augen der Menschen, die ihn mögen und es nicht löscht, sondern gibt, was er hat, hat alle seine sexuellen Problem überwunden. Wirklichkeit ist das, was wir aus unserem Leben machen.

Das Ziel ist die Identität von Fühlen und Handeln. Nun wird jemand einwenden: Vielleicht ist es einem Menschen möglich, seine Entfremdung zu überwinden, aber er wird doch weiterhin abhängig sein von den anderen weiterhin entfremdeten Menschen.

Antwort: Die Abhängigkeit hört auf, sobald du die Kontrolle übernimmst, wenn du deinem Gefühl folgst. Einwand: Wie ist das in einer Beziehung; wenn du etwas von jemand willst und diese Person will etwas anderes? Antwort: In dem Fall werden andere Auslöseschemata (= die Gefühlsdirektiven) wirksam. Du wirst nicht mehr hängen bleiben an einem von ihnen, du wirst kein "hang-up" mehr haben. Hang-ups sind Zeichen der Entfremdung. Wenn du an einem Auslöseschema hängen bleibst, läßt du all die ja gleichzeitig vorhandenen anderen Auslöseschemata nicht zum Tragen kommen, weil du insgeheim fürchtest, was dir immer eingeredet worden ist, könnte wahr sein, nämlich daß du das, was du willst, nie erreichen wirst. Eine Voraussetzung der Befreiung ist daher, daß du den Glauben an die Unmöglichkeit, den Pessimismus, aufgibst. Allerdings ist die Befreiung eine Chance, die nicht alle wahrnehmen; manche aber werden erkennen, daß sie, so lange sie das Bewußtsein von den Anderen (geliehen) haben, über ihr Ich nie hinauswachsen, sondern immer bleiben werden, wo sie sind, abhängig und entfremdet. Einwand: Aber angenommen den Fall: Ich sitze jemand gegenüber und ich will Sex, aber der andere will das nicht, dann nützt mir diese ganze Theorie nichts. Antwort: Das, was wer will oder nicht will, ist sehr relativ. Auf einem LSD-Trip habe ich einmal folgendes erlebt: Ich gehe durch ein Haus mit vielen Räumen und überall ist irgendetwas los. Ich öffne die erste Tür und schaue hinein. Zufällig wollen mich die da drin nicht, obwohl ich gern hineingegangen wäre. Aber das Haus ist groß, ich schließe die Tür wieder und gehe weiter zur nächsten. Auch dort passiert mir das gleiche. Ich mache mir keine Gedanken, sondern gehe weiter, bis ich zu der Tür komme, wo es mir gefällt und wo gleichzeitig die mich haben wollen, die schon dort sind. Und so ist mir der Weg klar geworden. Gehe ich in einer pessimistischen, mich selbst bedauernden Stimmung durch das Haus, bin ich nach der ersten Ablehnung oder spätestens nach der zweiten oder dritten so entmutigt, daß ich gar nicht bis zu der Tür komme, hinter der die Harmonie wartet. Und deshalb weiß ich, daß es der Einfluß der Ideologie ist, der Vorurteile, der Hang-ups, der Entfremdung, daß ich aufgebe, der Einfluß der Anderen, die mir einreden: Zu dem Punkt, wo du tun kannst, was du willst, wirst du nie kommen!

Einwand: Aber wenn mir einer gefällt und da sind noch zehn andere, wird mir der eine immer noch gefallen und ich werde frustriert sein, wenn ich ihn nicht bekomme. Antwort: Die Einstellung der momentanen Identität verändert alles. Indem ich meiner Umwelt mit Gleichmut begegne, also, falls ich abgelehnt werde, nicht enttäuscht bin, sondern einfach nur abgelehnt - genau das, war übrigens auch Kain's Problem, als sein Opfer abgelehnt wurde, und er daraufhin seinen Bruder erschlug - erzeuge ich ein anderes Kräfteverhältnis. Weil ich nicht frustriert bin durch eine eventuelle Ablehnung, bin ich von vornherein viel attraktiver und deshalb bekomme ich, was ich will, wenn es auch nur irgendwie möglich ist. Mir ist außerdem aufgefallen, daß ich die, die ich wirklich möchte, immer bekomme, die, die meinen momentanen Kräfteverhältnissen entsprechen, also genau die Richtigen. Manchmal allerdings möchte ich Sex von Menschen, denen ich mich nicht voll hingeben will. Wenn ich mich selber unter Druck setze, es als eine Leistung, bzw. ein Versagen ansehe, daß ich jemand sexuell "haben" kann oder nicht, während eigentlich mein Bedürfnis, also das, was ich zu tun bereit bin, sehr gering ist, dann erlebe ich immer eine Enttäuschung, außer solche Menschen sind zufällig heiß auf mich. An diesen Enttäuschungen sehe ich, daß ihr Grund nicht in einer "qualitativen" Überlegenheit dieser Menschen mir gegenüber liegt, sondern in meiner Geringschätzung, denn bei denen, die ich für mir entsprechend halte, denen gegenüber ich keine Vorbehalte habe, erlebe ich keine Enttäuschung. Du kannst die haben, die du nicht gering schätzt. Du kannst nichts verbergen. Jede Einstellung, so gut du sie auch versteckst, um irgendein "Soll" zu erreichen, wird durchschaut, bewußt oder unbewußt. In der Situation, die du beschreibst, willst du ein "Soll" erreichen und du glaubst die Hälfte von dir ist genug, es zu erreichen. So lange du hochnäsig bist, willst du nichts. Sobald ein echtes Bedürfnis auftritt, verlierst du deine Hochnäsigkeit und du bekommst, was du willst. Natürlich können auch "Leistungen", also entfremdeter Energieeinsatz, zu Erfolg führen und die daraus entstehenden Erfahrungen können wertvoll sein für den späteren Weg, aber die emotionale Identität ist am Ende unausweichlich. Durch sie trittst du ein in die sexuelle Gemeinschaft.

In der sexuellen Gemeinschaft gibt es nur höchsten Krafteinsatz aus einem Bedürfnis heraus. Wer seinen Willen gefunden hat, wird die Anstrengung nicht scheuen, die es kostet ihn durchzusetzen. Damit du bekommst, was du willst, mußt du sehr gut sein und dazu mußt du deine Vorurteile aufgeben, die Vorstellungen, die dich hindern, dein Soll- und Zweckdenken, alle Hochnäsigkeit. Du mußt alles von dir geben, was in dir drin ist. Erst dann wird sich herausstellen, was du wirklich willst. Vielleicht ist das, was du jetzt möchtest gar nicht, was du willst, vielleicht ist das, was du jetzt möchtest etwas, von dem du denkst, daß du es wollen solltest. Du mußt alles in Zweifel ziehen. Alle Gewohnheiten, die wir haben, müssen wir überprüfen, damit wir uns von deren Beschränkungen befreien zur größtmöglichen Freiheit des Fühlens.

Die Wege des Herzens folgen den kleinsten Hinweisen. Die Kräftekonstellationen ändern sich ständig. Ein Huhn, das von der Ferne einen Stein für ein Weizenkorn gehalten hat, wird es von der Nähe nicht mehr so anziehend finden. Die Körpersprache der anderen sagt unseren Gefühlen (= unserer Wahrnehmung) ständig, was los ist, aber unser sozial trainiertes Denken gebietet uns oft, diese Hinweise nicht zu verstehen, sondern am sozialen Soll festzuhalten, wodurch wir einerseits unsicher werden, weil ein Widerspruch entsteht zwischen biologischem Antrieb und sozialer Norm, andererseits wir uns eine Leistung aufbürden, deren Erfolg uns nie befriedigen wird können.

In der sexuellen Gemeinschaft ist diese Entfremdung aufgehoben. Wir verstehen die Körpersprache und weil wir keinem Soll folgen müssen, sind wir flexibel genug, die Angebote wahrzunehmen, das "Leuchten" zu sehen in den Augen derer, die uns mögen. Was willst du mehr? Aber "wo sich das Herz zum Herzen findet.", darfst du das Andere nicht konsumieren wie eine Zigarette. Du mußt deinen Freund genießen in Stücken, die ihn selber ganz lassen. Es ist wie mit der Gans, die goldene Eier legt. Ein Freund ist eine Kostbarkeit und er braucht seine Luft zum Atmen. Wenn du einen Menschen magst, mußt du ihm Zeit zum Auftanken lassen und dir selber Zeit zur Regeneration geben. Dann wirst du die wahren Höhepunkte erleben, den Himmel.
 
 
 

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