Wenn ich also damals nicht in nur angeberischem Leichtsinn übertrieben habe, so war das Gerücht, ich hätte den Scheich gesehen, eine Mythenbildung, ja eigentlich war meine Angeberei schon Teil davon, denn sonst hätte ich es gar nicht erzählt. Und die Bereitschaft, solche Geschichten aufzunehmen, ließ dann das Ganze zum harten Faktum werden. Die ganze Welt hier war einfach eine Märchenwelt, da war das ganz normal.
Aber was normal war für die Ägypter, konnte das auch normal sein für mich? Wenn ich mir die Führer der Tarieqa ansah, von Scheich Ghafar und Scheich Mahmud Abu Bakr einmal abgesehen, waren das nicht völlig unwissende, abergläubische Leute; war die Tarieqa nicht einfach ein fantastisches System ohne Grund in der Wirklichkeit, außer in dem Bedürfnis schwacher Individuen nach Führung, einer Hokus-Pokus-Psychotherapie und einer Möglichkeit, sich wichtig zu machen? War das überhaupt der Grund aller Religion? Es konnte nicht anders sein; Religionen waren Methoden zur Erzeugung eines inneren Drucks, der anhielt, bis man auf das Loch im bedrückenden Netz der Herrschaft traf und frei sein konnte. Natürlich fragte ich wieder das I Ching: "Du trittst auf den Schwanz des Tigers", hieß es, "aber er beißt dich nicht". Was war dann aber mit den Wundern? Waren sie nur Illusionen, Folge von Hypnose? Wahrscheinlich waren sie, wenn man die Übertreibungen durch spätere Erzählungen einmal abzog, zum Teil Einbildung, wie im Fall des Seiltricks der Fakire, zum Teil aber echte Wirkungen der Einbildung auf den Körper, wie im Fall der Ausscheidung des Skorpiongifts; schließlich konnte ja auch ein Chamäleon seine Farbe wechseln, warum nicht so was? Oder war die Wirklichkeit überhaupt nur eine Sache der Konvention, wie Castaneda behauptete. Lebte Scheich Mahmud Abu Bakr auf einer anderen Erde, wenn er behauptete die Erde sei flach? Galten in dem Konventionsbereich, den er prägte, andere Naturgesetze? Ich war nicht hierhergekommen um eine neue Illusion übergestülpt zu bekommen, sondern um zu sehen wie es ist. Nicht daß ich den Menschen nicht dienen wollte, aber wie konnte ich zu irgendetwas gut sein, wenn ich selber nichts wußte, sondern nur verführt war wie die anderen?
Ich hatte das Gefühl, das bißchen
Wissen, das ich hatte und das ich vermehren wollte, sollte abgewürgt
werden, damit die Illusionen der anderen nicht gefährdet wurden.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich mit dem, was ich wußte,
zum einfachen Glauben des Volkes zurückkehren
konnte, ohne zuvor auch noch den Rest erfahren
zu haben. Ich brauchte Beweise, aber es gab nur Geschichten.
Scheich Ibrahim, der Sohn und Nachfolger von Scheich Mahmud Abu Bakr war inzwischen gekommen und ihm wollte ich all diese Fragen vorlegen. Es hieß ja er könne Englisch und so ging ich zu ihm. Natürlich hat er die Fragen, die ich säuberlich getippt hatte auf Hamdi Gindis Schreibmaschine, nicht selbst in die Hand genommen. Aber er hatte einen Schwarm von Sudanesen um sich, von denen einige ausgezeichnet englisch sprachen. Und einer von ihnen begann, vorzulesen. Aber schon am Ende des ersten Satzes war klar, daß Scheich Ibrahim nicht folgen konnte. Der Vorleser begann daher, einige Punkte herauszugreifen und sie auf arabisch zu interpretieren. Scheich Ibrahim schaute mich nur sonderbar an und fragte, ob ich "Allah" auch richtig aussprechen könne, denn es war ihm gesagt worden, daß ich regelmäßig Aurad machte. Ich sprach es ihm vor und er fand meine Aussprache richtig, aber meine Fragen konnte er nicht verstehen. Er antwortete nur auf rein praktische Fragen. Wenn ich etwas über die Tarieqa schreiben wollte, müßte ich es Scheich Ghafar vorlegen und im Fall einer Dissertation über die Tarieqa dürfe es kein Vergleich mit anderen Wegen sein, sondern sie müßte sich ausschließlich mit der Tarieqa befassen. Den Rest verwies er auf Scheich Ghafar.
Anschließend gingen wir alle Sydna el Hussein besuchen. Als wir aus der Moschee herauskamen, war da eine verrückte Hadra im Gang, lauter Magesup, so schien es, ein wildes ekstatisches Tanzen und Singen mit minimaler Ordnung, aber trotzdem als eine formierte Gruppe. Scheich Ibrahim sah sich das eine Weile an, dann ließ er sich nach Hause fahren.
Abu Bikr und ein Freund von ihm, die Scheich Ibrahim meine Fragen vorgelegt hatten, kamen nocheinmal mit mir ins Dar, um meine Schwierigkeiten mit dem Aurad zu besprechen. Sie fanden kein Problem mit meiner Aussprache des Arabischen, aber als wir auf die Muraqaba kamen und ich nocheinmal von dieser Fantasie mit den einmarschierenden Scheichs erzählte, fanden sie mein Problem.
"Es kommt nicht darauf an etwas zu sehen", sagte Abu Bikr, "sondern nur darauf, das Herz ruhigzustellen. Deshalb ist die Muraqaba der wichtigste Teil des Aurad."
"Mir ist gesagt worden, man soll sich auf das Bild des Scheichs konzentrieren bis es lebendig wird und der Scheich erscheint", sagte ich.
"Das Bild des Scheichs ist nur ein Anhaltspunkt, damit du deine Gedanken stillegen kannst, nur darauf kommt es an."
"Mein Problem ist, daß das Bild des Scheichs für mich nicht neutral ist, sondern viele Gedanken erst erzeugt, weil ja ein ganzes System mit ihm zusammenhängt."
"Das ist auch richtig, denn in der Muraqaba ist das ganze System der Tarieqa auf einmal gegenwärtig."
"Aber deshalb finde ich es ja so schwer, mich auf das Bild des Scheichs zu konzentrieren, weil so viel damit verbunden ist. Ich würde es leichter finden, mich auf etwas Neutrales zu konzentrieren."
"Das Wichtigste ist, daß du alles vergißt, außer dem Bild des Scheichs."
"Aber wie kann ich denn das alles ablösen vom Bild des Scheichs. Oft kommt mir vor, die Tarieqa will von mir, daß ich meine gesamte Vergangenheit für null und nichtig erkläre, daß ich all meine Erfahrungen vergesse und mit der Tarieqa neu anfange mit dem Arabischsprechen wie ein Baby. Aber das empfinde ich als eine Mißachtung all der wertvollen Erfahrungen und daher erzeugt diese Forderung einen Widerwillen. Außerdem ist es ganz unmöglich das Gewesene ungeschehen zu machen oder aus dem Gedächtnis zu löschen. Es wird immer da sein und das Gegenwärtige beeinflussen."
"Das macht auch nichts", sagte Abu Bikr, "nur in der Muraqaba, nur für diese Stunde, darfst du es nicht zulassen. Der Scheich hat gesagt, wir sollen alles vergessen, also auch das ganze System. Keine Vergangenheit, keine Zukunft, kein Islam, keine Tarieqa, nur das Bild des Scheichs."
Ein schweres Gewicht fiel ab von mir, nun war alles gleichberechtigt und die Konzentration eine gewöhnliche nichtindoktrinierende Konzentration. Nun war die Muraqaba nicht anders als eine von Castanedas Übungen, das Selbstgespräch zu stoppen. Und das ganze System darum herum , so sah ich jetzt, diente nur diesem Zweck, als ein Motiv! Denn, so weiß ja jedes Kind, das Heilige verlangt ausschließliche Aufmerksamkeit, ein Erstarren in Ehrfurcht. Und das tut den Job. Aber wegen meiner Vorstellungen darüber, war es für mich ein Hindernis gewesen. Ich hatte das Heilige selber für den Hauptzweck gehalten und dabei hatte ich meine Zweifel und so wurde mir das, was Motiv sein sollte, zum Hemmschuh. Natürlich blieb die Frage, was es nun wirklich auf sich hat mit Gott, ob die Vorstellung von seiner selbständigen Existenz, die in allem Ritual und in allem Reden von "Allah" zum Ausdruck gebracht wurde, ausschließlich pädagogischen Wert hatte, also ob ihm, wie bei Castaneda, der Wert eines Gedankendings zukam, das als solches Wirkkraft haben konnte, oder ob es eben das eine war, das wir auch sind, oder beides, als zwei verschiedene Dinge mit dem gleichen Namen oder, so wie die Sufis zu unterscheiden wissen, zwischen den Namen Gottes und Gott.
Ich versuchte nun also ein Interview mit Scheich Ghafar zu bekommen, um diese Dinge zu klären. Man sagte mir, in der Apotheke des Dr. Fathalla könnte ich ihn treffen. Fathalla, schien mir, freute sich über meinen Besuch, aber Scheich Ghafar kam nicht wie gewöhnlich am Vormittag. Er rief an und sagte, es sei ihm zu heiß, um aus dem Haus zu gehen. Aber als ich daraufhin gehen wollte, sagte Fathalla, Scheich Ghafar sage oft so und komme dann doch so gegen eins. So wartete ich und tatsächlich, um viertel nach eins, als ich schon wieder gehen wollte, hielt der Mercedes von Hamdi Gindi vor der Apotheke.
Scheich Ghafar kam, der Hitze entsprechend leger gekleidet, aber an jedem Stück, das er trug, sah man den begüterten Gentleman. Kaum war er da, begann er auch schon zu telefonieren. Es brauchte immer sehr lang, bis er die richtigen Leute an der Leitung hatte, aber er sprach mit allen anderen auch so, als hätte er extra ihretwegen angerufen - so weit ich das beurteilen konnte, fast ohne ein Wort zu verstehen. Dazwischen schaute er besorgt auf das Titelblatt einer Zeitung, die auf dem Tisch lag und offenbar kommentierte er den letzten Stand des Krieges der Israelis im Libanon. Dann ging es um Veranstaltungen der Tarieqa und schließlich folgte Alltagstratsch: die Preise der Aprikosen und ähnliches. Dann ließ sich Scheich Ghafar ein Mittel für die Haare seiner Tochter geben, Dauerwellen oder Tönen. Und ich wartete ständig auf eine Gelegenheit, mit Scheich Ghafar zu sprechen, aber es gab keine Lücken in der Abfolge der Gespräche. Kaum war Scheich Ghafar da, kamen auch andere Tarieqa Big-Shots, sodaß sich Scheich Ghafar schließlich aus den Gesprächen zurückzog und einzuschlafen drohte, aber sobald die Runde wieder kleiner wurde, redete er wieder mit.
Als schließlich meine Lücke kam, fragte ich um einen Termin.
"Jetzt geht es nicht", sagt er, "denn ohne etwas zu essen kann ich mich nicht konzentrieren. Komm am Montag nach der Lektion ins Dar."
"Aber am Montag sind doch immer so viele Leute, die ein Gespräch wollen, wie soll sich das da unterbringen lassen?"
"Den Vortrag wird Scheich Woachdan halten, daher habe ich Zeit", sagte er.
Ich war zwar mißtrauisch, denn ich kannte das Gedränge um ihn an den Montagen. Es war mir noch nie gelungen, ihn da zu sprechen und ich war enttäuscht, denn hier gab es offensichtlich nichts Wichtiges für ihn zu tun. Er vertrieb sich nur die Zeit. Und das, schien mir, war der Hauptgrund für die Schwierigkeit, mit ihm sprechen zu können, und nicht die viele Arbeit, von der er immer sprach. Manchmal dachte ich, daß die Tarieqa nur ein kollossales System war zur Befriedigung der Faulheit und der Redelust ihrer Funktionäre. Ich hatte den Eindruck Scheich Ghafar verachtete mich, weil ich versuchte, die Hintergründe für das alles herauszufinden, anstatt es einfach zu machen wie er, den Leuten ihre Illusion zu geben, durch die sie sich stark und sicher fühlen konnten und gleich auch noch selber dran zu glauben, um auch in den Genuß der Vorteile dieser Illusion zu kommen. Ich dagegen fühlte mich wie einer der Pioniere der Naturwissenschaft, die sich nicht fürchteten, die Materie zu spalten und neu zusammenzusetzen gegen den Protest der damals etablierten Welt.
Aber ich hielt mich an das Ritual. Und als ich dann unkonzentriert war beim Aurad und nach dem Nachmittagsgebet sogar einschlief, obwohl Moslems in dieser Zeit nicht schlafen sollen, war ich wieder sehr unzufrieden mit mir. Ich überlegte, wohin ich zum Abendessen gehen sollte. Im Dar gab es nur Fuhl und Brot und einen abscheulichen Saft, der aussah wie Urin und auch beinah noch so schmeckte. Scheich Gamar hatte mich eingeladen, während des ganzen Ramadan im Dar zu essen. Aber wer konnte das täglich essen? Ich beschloß anderswo hinzugehen.
Nach dem Ruf zum Abendgebet um sieben Uhr, betete ich zuerst zu Hause, dann ging ich auf die Straße. Die Straßen waren ausgestorben. Kein einziges Auto weit und breit und überall saßen die Leute und aßen. Ich war der einzige, der herumging.
In den kleinen Seitengassen, überall waren Decken ausgebreitet und Leute saßen drauf und aßen. Ich wurde überall eingeladen, aber ich war zu fasziniert von der Szene; es war gespenstisch, die riesige Stadt stand still! Nichts bewegte sich, kaum war ein Laut zu hören, aber überall saßen Gruppen von Leuten und aßen. Ich wußte es, sie waren alle schon vor dem Gebetsruf vor ihrem vollen Teller gesessen und hatten nur auf das Signal gewartet; und Punkt sieben Uhr, beim ersten Allahu Akbar, haben Zigmillionen von Menschen gleichzeitig zu essen begonnen. So lax viele Moslems inzwischen mit dem Gebet waren, der Ramadan fand ein geschlossenes Volk. Mehr als fünfzehn Minuten lang herrschte diese Ruhe, auch von der Ferne gab es keinen Verkehrslärm, dann kamen vereinzelte Taxis, die ersten Leute waren fertig mit dem Essen und um zwanzig nach sieben fand ich den ersten geöffneten Fruchtsaftstand.
Es war heiß und ich hatte gewaltigen Durst. Seit dem Morgengebet um drei Uhr früh nichts getrunken und den ganzen Tag vierzig Grad im Schatten! Nach drei Gläsern Ashab (Zuckerrohrsaft) erst begann ich meinen Hunger zu spüren. Ich setzte mich an den Hirn- und Leber Stand hinter dem Dar, dessen Tische inzwischen wieder leer waren, und ließ es mir gut gehen. Nach zwei weitere Gläsern Ashab ging ich ins Dar. Dort traf ich Machmud Toson, der beim ägyptischen Fernsehen als Regisseur arbeitet. Unsere Unterhaltung war mühsam, weil er fast kein Englisch spricht und mit meinem Arabisch konnte ich sowieso so gut wie nichts sagen. Ich ging dann in die Cafeteria, um zu sehen, ob dort wer war, mit dem ich reden konnte und da lud mich ein junger Mann aus Luxor zu einem Erdbeergetränk ein. Dann ging ich zum Nachtgebet zum Grab des Sydna el Hussein. Ich war zum ersten Mal dazu hier im Ramadan und ich war nicht vorbereitet auf das Ordeal, das folgen sollte.
In der brütenden Hitze der Grabkammer, gab es nun nicht acht Rakas, wie mindestens vorgeschrieben im Ramadan, sondern die vollen siebenundzwanzig. Es dauerte etwa fünfundvierzig Minuten. Und die Tore der Grabkammer waren geschlossen. Am Ende waren meine Kleider naß, als hätte ich damit unter der Dusche gestanden. Ich konnte das Ende kaum erwarten. Ich brauchte gleich wieder drei Gläser Zuckerrohrsaft. Als ich wieder ins Dar kam, sagte man mir, Abu Hattab wäre hier gewesen und ließe mir mitteilen, ich solle zu ihm kommen. Ich hatte keine Lust, an dem Artikel weiterzuarbeiten und auch keine Telefonnummer, um es ihm zu sagen. Ich hatte zu nichts Lust. Ich lief einfach ziellos in der Gegend umher und als ich um zehn wieder ins Dar kam, war einer da, der mit mir reden wollte, weil er eine Reise nach Europa plante. Er erzählte mir, daß in Europa nicht so viele Leute die Universitäten besuchten wie hier. Ich hatte keine Ahnung über die Zahlen und sagte ihm daher, das wäre schon möglich, aber ich hätte beobachtet, daß dafür die europäischen Mittelschulen ein höheres Niveau hätten wie die hiesigen Universitäten. Meine Laune war schlecht und so sagte ich ihm, daß die Araber in den nächsten fünfzig Jahren keine Chance hätten, den Bildungsrückstand aufzuholen. Von da an sagte er ja zu allem, was ich sagte.
Gegen elf ging ich nocheinmal zwei Gläser Ashab trinken und dann in mein Hotel. Dort gab man mir einen Zettel eines Assistenten von Abu Hattab, daß ich um zehn bei ihm sein sollte. Ich ging auf mein Zimmer, trank Kaffee und las den Rest meines Aurads. Und nach Mitternacht begann ich mit dem Aurad vom nächsten Tag, damit ich mich nach dem Morgengebet schlafen legen konnte.
Am nächsten Abend ging ich zu Abu Hattab. Ich verließ mein Hotel gegen sechs, um rechtzeitig zum Abendessen bei ihm zu sein. Als ich am oberen Ende der Azhar-Straße in die Schnellstraße einbog, die zum Flughafen führt, um zu meiner Straßenbahn zu kommen, sah ich einige Leute auf der anderen Straßenseite streiten und während ich zur Haltestelle ging, liefen einige andere über die Straße mit Zaunlatten in ihren Händen, um ihrer Partei in dem Streit mehr Gewicht zu geben und sofort kamen von hinter der Friedhofsmauer auf der anderen Seite nocheinmal andere mit Steinen und bald war eine wüste Schlacht im Gang mit an die fünfzehn Beteiligten, lauter erwachsene Leute; zuletzt hatte ich so etwas als Kind erlebt. Das sah wirklich gefährlich aus, wie die aufeinander einschlugen. Da hielt plötzlich ein Pick-up-truck und in Windeseile sprangen die mit den Zaunlatten auf, während der Wagen schon wieder weiterfuhr und die anderen hinterherliefen. Der letzte zappelte noch halb in der Luft, als der Pick-up schon mit hoher Geschwindigkeit im Schnellstraßenverkehr untertauchte.
Als ich Abu Hattab die Geschichte erzählte, sagt er:
"Es ist Ramadan und die Leute vergessen sich selbst, wenn sie hungrig sind. Wie ist es dir mit deinem Visum ergangen?"
"Der Stempel der AI Azhar scheint alle Türen zu öffnen. Ich hätte sofort ein ganzes Jahr bekommen, wenn nicht mein Paß im April ablaufen würde, so also bis dahin."
Kurz vor sieben Uhr schaltete Abu Hattab seinen Farbfernseher ein und alle setzten sich an den Tisch. Am Bildschirm erschien die Kaaba in Mekka, dann kam der Muezzin mit seinem Gebetsruf, und sofort waren alle an ihrem eisgekühlten Glas mit eingeweichten getrockneten Früchten und deren herrlichem Saft. Wann kann man derartige Köstlichkeiten mehr schätzen, als in einem Ramadan bei vierzig Grad im Schatten? Dann gab es Suppe, Fleischstücke, eingelegte Auberginen, grüne Bohnen, Reis, Tomaten, Fuhl, Fladenbrot und eine delikate Soße. Abu Hattabs Frau, Mathematikprofessorin, war eine hervorragende Köchin.
Nach dem Nachtisch gab mir Abu Hattab eine Galabia, damit ich es mir in seinem Arbeitszimmer gemütlich machen konnte und er schleppte sein Material an.
"Das ist der Roman 'Mohammed' von Johannes Tralow, falls du ihn lesen magst. Darum geht es in dem Artikel. Und das ist ein Artikel eines deutschen Gastprofessors, der hier war. Wir haben den damals gemeinsam erarbeitet. Und das ist ein Vortrag von einem Mann aus Ostdeutschland, der uns besucht hat. Und das sind einige Zeitschriftenartikel über Tralow aus ost- und westdeutschen Zeitschriften und noch ein Papier, das ich zusammen mit Assistenten gemacht habe. Das sollte genügen. Vielleicht kannst du dich gleich ein bißchen einlesen und dir überlegen, wie wir das machen könnten. Der Tralow-Artikel soll in der nächsten Nummer der Azhar Zeitschriften erscheinen. Fünfzehn Seiten müßten genügen. Der Ali kommt später auch noch. Wir haben mit dem Artikel-Artikel gestern schon begonnen, wo du nicht gekommen bist."
Damit ließ er mich mit dem Material allein. Ich las es durch und auch ein paar Seiten des Buchs, um einen Eindruck zu bekommen und als Alfred kam, hatte ich bereits die Biografie Tralows zusammengestellt und ein Konzept für den Rest. Mit der Arbeit selber wollte ich ein anderes Mal beginnen, denn ich wollte noch vor dem Morgen nach Hause kommen. Alle sagten, der letzte Autobus ginge um eins, aber als ich hinkam, war der letzte bereits um zwölf gefahren. Ich ging zurück zu Abu Hattab und machte Aurad, bis Alfred mich nach Hause fuhr.
Um zwei gab es Frühstück
und Mansur, Alfred und ich machten das Morgengebet.
Dann arbeiteten die anderen weiter bis zum Morgengrauen,
während ich weiter Aurad machte.
Ich blieb nicht gern so lange auf, denn damit war für mich der ganz
nächste Tag verloren, weil ich so müde war.
Kurz vor Sonnenaufgang beobachtete ich von Abu Hattabs
Balkon aus einen ländlichen Typ in Galabia,
der unten von Auto zu Auto ging und seine Schlüssel versuchte.
In der anderen Hand hielt er einen Kreuzschlüssel, und als er keine
der Wagentüren öffnen konnte, wollte er damit an manchen Autos
Räder abschrauben, aber er war so ungeschickt, daß ich schon
voraussehen konnte wie das erste Auto, bei dem er ein Rad entfernte, auf
ihn fallen würde.
An dem Abend, als ich Scheich Ghafar treffen sollte, sah ich Machmud wieder, den begeisterten Jungen, der mir immer seine neuesten Erkenntnisse in der Tarieqa mitteilte. Er saß jetzt allabendlich stundenlang bei Scheich Ibrahim und sog begierig in sich auf, was er erfahren konnte.
"Gestern hat Scheich Ibrahim zu mir gesagt: 'Verlaß dich nicht auf die Liebe der Scheichs, denn die Scheichs lieben jeden; wenn du etwas willst, kannst du es nur durch deine Liebe zum Scheich bekommen'. "
Ich ließ mir das durch den Kopf gehen und überlegte mir, wie diese Motivation mir helfen konnte. Aber ich sah da nichts, das ich hätte tun können.
"Am Anfang ist alles schwierig in der Tarieqa", erzählte Machmud weiter, "aber nach einigen Jahren ist alles leicht und dann kannst du alles tun, sogar in der UNO arbeiten in New York."
Dazu fiel mir nur ein, daß man nach jahrelanger Anstrengung auch ohne Scheich alles erreichen konnte, aber Machmud konnte das natürlich nicht verstehen, denn ihn hatte der Scheich aus einem ständigen Abwärtskurs herausgezogen, während ich mich an den Spruch des I Ching erinnerte, der mir vor wenigen Wochen gesagt hatte: Er verläßt seine erfolgversprechende Arbeit und schaut mich an, bis ihm das Unterkiefer herunterhängt.
Nur noch diese Fragen an Scheich Ghafar mußte ich klären, dann würde ich wieder zu meiner Arbeit zurückkehren. Und so wartete ich den ganzen Abend auf den Scheich. Er kam knapp vor dem Ende des Vortrags und, wie ich es erwartet hatte, eine ganze Reihe von Leuten, die von auswärts gekommen waren und daher Vorrang hatten, warteten auch auf ihn. Es war fast eins, als er wegging, ohne für mich Zeit zu haben. Als er an mir vorüberging, sagte ich: "Nun habe ich vier Stunden gewartet, wäre es nicht besser, ich käme zu Ihnen nach Hause?"
"Nein", sagte er, "Komm am Mittwoch zum Fastenbrechen hierher. Ich gebe ein Abendessen hier im Haus, um den Geburtstag meines Vaters zu feiern und da wird es Gelegenheit geben, daß wir reden."
Als ich am späten Nachmittag dieses Tages ins Dar kam, roch es schon sehr gut und ich konnte mir schon die Massen von Leuten vorstellen, die zum Essen kommen würden. Wie sollte sich da eine Gelegenheit zu einem Gespräch ergeben. Anscheinend wollte er einfach nicht mit mir reden. Ghafar erinnerte mich an Gurdieff, der seine Schüler, wenn sie etwas mit ihm bereden wollten, immer in ein lärmendes Cafe mitnahm, wo man kaum sein eigenes Wort verstehen konnte. Anscheinend sollte alles Eigene gebrochen werden.
Tatsächlich aß ich dann aber mit Scheich Ibrahim und seinen Leuten im Scheich-Apartment und als ich nachher Scheich Ghafar sehen ging im großen Versammlungsraum, waren nur erstaunlich wenig Leute da, die sich ungezwungen unterhielten. Es ergab sich auch bald die Gelegenheit, daß ich meine Fragen anschnitt. Aber Scheich Ghafar sagte sofort, ich sollte diese Dinge mit Scheich Woachdan besprechen, der wisse darüber ebensogut Bescheid wie er. Scheich Woachdan saß gleich daneben und so fragte ich ihn.
Aber anstatt meine Fragen zu beantworten, verwickelte mich Scheich Woachdan in eine Diskussion über die Echtheit der Bibel und fragte bei allem, was er sagte immer wieder Scheich Ghafar, der mir versicherte, er würde genau das Gleiche sagen. Von allem, was ich wußte, war das, was Scheich Woachdan sagte, totaler Unsinn, nur erklärlich aus seiner Unwissenheit, was die historische Forschung und den aktuellen Stand der Bibelwissenschaften betraf. Sein Standpunkt war rein dogmatisch-apologetisch genau wie in dem Buch über den Islam, das ich am Anfang hier gelesen hatte. Und ich selber kannte diese Vorgangsweise auch von älteren katholischen theologischen Schriften. Deshalb kannte ich seine Argumentationsweise genau. Es ging ihm nur darum zu zeigen, daß die christlichen und die jüdischen Bücher verfälscht seien und nur die Version des Koran korrekt. Ich sagte Woachdan, daß er seine Kindermärchen zwar hier in Ägypten erzählen könne, weil es hier niemand besser wisse, aber in Europa könne man nicht hinter den Stand der erreichten Aufklärung zurückgehen, außer man wolle nur zu den Ahnungslosen sprechen, die es natürlich in Europa genauso gab. Aber eine Tarieqa auf diese Leute aufzubauen, würde bedeuten, sie zu einer der vielen obskuren Sekten zu machen - es sei denn das wäre das Ziel der Tarieqa. Die Nazis hätten ihre Macht ja auch von der Masse der Unwissenden und Nichtdenkenden erhalten, aber ob diese Leute gerade so viel Spaß daran hätten, nun einen arabischen Mythos zu übernehmen? Ich sagte ihm, ich würde ein Papier für ihn schreiben über den Stand der Bibelwissenschaften und über das, was "Entmythologisierung" genannt wird. Ohne daß er diese Dinge zur Kenntnis nähme, könnten wir auch nicht sinnvoll über die Fragen sprechen, die ich gestellt hatte.
Woachdan versuchte, sich nocheinmal auf Scheich Ghafar auszureden, der doch Europa so gut kenne, aber obwohl Scheich Ghafar direkt daneben saß, kam es mir ganz leicht von den Lippen, zu sagen, daß ich nicht das Gefühl hätte, daß Scheich Ghafar viel vom europäischen Geist begriffen hätte. Vor allem natürlich hatte Scheich Ghafar keine Ahnung von moderner Exegese. Seine Ansichten über das Neue Testament waren daher notwendig die der islamischen Apologetik, die hier eine Kritik ihrer Thesen nicht zu fürchten hatte und daher auch nicht zimperlich war mit ihren Argumenten. Sie waren wirksam, das genügte, doch mich damit füttern zu wollen, war absurd und konnte nur dazu führen, daß ich alle Argumente, Punkt für Punkt, auf ihre Absicht zurückführte, wodurch sie zu nichts zerfielen.
Die Tarieqa
war hier auf dem gleichen Weg, den die katholische Kirche zuvor gegangen
war, und der ihr in Europa den Großteil ihrer Anhängerschaft
gekostet hatte, nämlich eine historische Wahrheit hinter den mythologischen
Formulierungen zu behaupten. Und wenn nun,
wie es unvermeidlich war, Historiker bewiesen,
daß die Geschichte anders verlaufen ist, als behauptet, mußte
die ganze Mythologie zusammenbrechen. Hätte
man aber rechtzeitig den Sinn der Mythen betont anstatt ihrer historischen
Tatsächlichkeit, hätte
der Glaube weiterbestehen können. Das
war es, was die Entmythologisierung bezweckte
und das versuchte ich nun in einem ausführlichen Artikel über
diese Fragen zu erläutern. Zwei Tage
später übergab ich ihn an Scheich Woachdan
und wir vereinbarten eine Diskussion darüber
in den nächsten Tagen.
Am Abend fuhr ich wieder zu Abu Hattab, um an dem Mohammed-Artikel weiterzuarbeiten. Das war eine äußerst langweilige Sache und, von der wissenschaftlichen Gründlichkeit her gesehen, mehr als primitiv, was Tralow allerdings ziemlich gerecht wurde.
"So ist die Wissenschaft" , sagte Alfred, als ich ihm vorjammerte, "sie stellt das, was nichts ist, so dar, als sei es etwas."
Wir arbeiteten wieder die Nacht durch und schliefen dann bei Alfred. Zu Mittag fuhren wir ins österreichische Kulturinstitut, denn ich wollte mich erkundigen, ob ich von Österreich her einen Zuschuß für meine Arbeit an der Azhar bekommen könnte. Der Kulturattachee war auf Urlaub und Frau Balduin, die ihn vertrat, wußte nichts von so einer Möglichkeit.
"... aber vor wenigen Wochen hat es noch eine Stelle an der deutschen Schule gegeben. Die zahlen gut. Inzwischen ist sie allerdings schon von Deutschland aus besetzt worden, weil wir hier niemand hatten."
Sie schrieb mir dann die Adresse eines
Minsterialrats in Wien auf, an den ich mich
wenden konnte.
Am Nachmittag saß ich wieder zu Hause und machte meine Gebete, da fiel mir ein, daß ich schon lange nicht mehr bei Sayida Seynab gewesen war. Aber dann ging ich einkaufen und vergaß es wieder. Ich wollte mir gerade die Zeit im Dar vertreiben, als hinter dem Haus ein Magesup auf mich zukam und mich auf arabisch anredete. Ich verstand natürlich nicht, was er wollte, nur das Wort Sayida Seynab kam ein paar mal vor. Ich gab ihm fünf Piaster und ging weiter. Da fiel mir ein, daß Abd'Rachiem mir erzählt hatte, er habe genau an dieser Stelle einen Magesup getroffen, der ihn nach Scheich Gamar gefragt hatte, als er eben vergessen hatte, daß er mit Scheich Gamar sprechen sollte. Und in dem Moment, als ihm das bewußt wurde, war der Magesup verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Ich nahm mir also vor, doch zu Sayida Seynab zu gehen. Und als ich dort vor dem Grab der Enkelin des Propheten mein Aurad machte, wurde mir plötzlich klar, wie wesentlich die Feudalordnung für das Glück der Menschen ist, denn durch die Verehrung der Familie wurde bewirkt, daß jeder in einer geschützten Atmosphäre aufwuchs, in der alles darauf angelegt ist, allen Bedürfnissen des Kindes mit Liebe zu begegnen. Dann kümmerte sich die Verwandtschaft um ein gutes Fortkommen der Kinder, sobald sie begannen für sich selber zu sorgen. Deshalb wurde im Koran die Blutsverwandtschaft über die Glaubensgemeinschaft gestellt und das System durch die Verehrung der Familie des Propheten religiös abgesichert.
Aber umso klarer und einleuchtender mir die Struktur des Islams wurde, persönlich halfen mir diese Einsichten nur kurzfristig. Schon am nächsten Tag wieder fühlte ich mich genau wie Castaneda es beschreibt "wie in einer Plastikhülle", die ich nicht durchbrechen konnte, um mit den arideren kommunizieren zu können; es lagen einfach Welten zwischen mir und den Ägyptern. Bei Castaneda ist dieses Gefühl entstanden, kurz bevor er in den Abgrund geworfen wurde, als einer der Zauberer ihm ins linke und der andere ins rechte Ohr flüsterte. War das bei mir auch so, oder war es bloß das gewöhnliche Gefühl der Depression? Ich war unfähig, dankbar zu sein für die Gastfreundschaft, die man mir hier entgegenbrachte, und bedrängte ständig die Führer der Tarieqa, mir meine Widersprüche aufzuklären, aber ich rannte gegen eine Mauer. Die wollten, daß das, was sie zu bieten hatten, dankbar angenommen wurde, und waren an keinem Streit interessiert. Sie wollten niemand bekehren, sondern sie boten nur jedem, der sie nehmen wollte, die Kost, die sie selber aßen und darüber hinaus wollten sie nichts wissen. Wozu auch? Ihr System funktionierte ja prächtig!
Und genau da, Anfang Juli, acht Monate nach meiner Ankunft in Kairo und vier Monate, nachdem sich für mich der Name Abdel Salam eingebürgert hatte, gebrauchte Scheich Ghafar zum ersten Mal diesen Namen. In der folgenden Nacht träumte ich, daß ich ohne Sauerstoffgerät unter Wasser schwamm und dann ohne zu frieren bei Schneetreiben nackt über amerikanischen Landstraßen flog.
Als ich aufwachte, kehrte mein unbehagliches Gefühl wieder zurück. Es war nun schon mehr wie eine Woche vergangen, seit ich Scheich Woachdan mein Papier über Mythologie und Entmythologisierung gegeben hatte, und noch schien sich keine Gespräch anzubahnen. Aber es mußte jetzt bald etwas geschehen, ich mußte mich entscheiden, ob ich weiter den Weg der Tarieqa gehen wollte oder aussteigen. Abdel Nasr hatte mir gestern gesagt, alles, was die Tarieqa wolle, sei Friede zwischen den Menschen. Das wollte ich auch, aber die Exotik der Tarieqa blieb für mich dennoch nicht weniger abstoßend. Ich war zwar nicht hierhergekommen, um für mich allein fliegen zu lernen, wie in dem Traum, aber wenn ich hier nicht fliegen lernte, konnte ich auch denen nichts sagen, die nach Castaneda auf Menschen warteten, die sie praktisch führen konnten. Für mich war es einfach notwendig, den Beweis zu empfangen für die Dinge, deren Möglichkeit in der Tarieqa behauptet wurden, sonst konnte ich den Widerstand in mir gegen das Weitermachen nicht überwinden. Solange der Beweis fehlte, war die Tarieqa nichts weiter als ein Mittelklassen-Aufstiegsprogramm und auch die geistigen Kapazitäten der Führer, von Scheich Mahmud Abu Bakr und Scheich Ghafar abgesehen, waren von ziemlich kleinbürgerlicher Art, aber dieses Programm auf die deutschen Mittelklassen übertragen zu wollen, war absurd.
Ich las wieder Ibn Arabi. Von dem, was er sagte, mußten in der Tarieqa alle Möglichkeiten liegen, die Castaneda beschrieb. Nur ob ich auch darauf stoßen würde, ob ich nicht nach einem System suchen mußte, das meinen Vorbedingungen eher entgegenkam? Auch Castaneda allerdings hatte zuerst unglaublich gefunden, was sein indianischer Lehrer ihm erzählte, aber der Lehrer hat es ihm bewiesen. War es nicht legitim nach diesem Beweis zu suchen? Oder beharrte ich durch diese Suche nur auf meinem Ego? War die Suche ein Hindernis, oder würde ich durch die Suche finden? Wahrscheinlich gab es ohnehin keine Wahl, aber ich mußte doch bedenken, was Don Juan zu Castaneda gesagt hat: "Wenn du auf einem Weg gehst, der nicht ein Weg des Herzens ist, dann ist der Weg bereit, dich zu töten." Und das war es, was ich hier oft zu spüren meinte: Der Weg dieser Tarieqa würde mich physisch töten, vielleicht weil alle hier spürten, daß es nicht der Weg meines Herzens war und sie gleichzeitig den Glauben nicht verlieren wollten, daß ihr Weg ein Weg für alle war.
Mein ganzes Dilemma war meine Unfähigkeit, zu unterscheiden zwischen Natur und Einbildung oder, wie man hier sagte, zwischen dem Willen Gottes und dem des Ego. Um seine wahre Bestimmung zu erkennen, hieß es, mußte man einen durch die Erfahrung anderer bestätigten Weg gehen, also einem Propheten folgen. Was hielt mich hier fest? Meine eigene Unsicherheit. Nach dem, was ich geschrieben hatte, hatten mich alle gefragt:
"Bist du ein Buddhist oder ein Katholik oder was?" Irgendwas mußte man doch sein. Einfach man selber, das war allen zu wenig, besonders den Verlagen. Man mußte doch schließlich irgendwo eingeordnet werden. Und es steht ja auch überall geschrieben, daß man einen Lehrer braucht. Und jetzt hatte ich die Lehrer, aber wenn ich sie etwas fragte, erlebte ich nur eine gähnende Leere, die zu fragen schien: "Ja weißt du es denn nicht?
Dieses Buch hier, so meinte ich damals,
sollte eigentlich heißen "Hinter den
Kulissen der Religion. Was sind die Kräfte
und wer sind die Agenten". Ich
kam mir vor wie ein Spezialagent im Krieg, dessen Aufgabe es war, alle
Brücken zu sprengen, alle Illusionen zu zerstören, bis ich, so
hoffte ich, auf der letzten der bösen Meute der Enttäuschten
entkommen konnte. In unserer Zeit ist alles Erfahrbare mit wissenschaftlichen
Methoden erforscht worden - mit Ausnahme der Religionen.
Zwar haben die Theosophen und zuletzt Castaneda
einiges untersucht, aber jetzt war es an der Zeit, die religiösen
Phänomene in massiven Labortests zu analysieren,
auch wenn die etablierten Vertreter sich noch
so sehr gegen eine Durchleuchtung ihrer Methoden wehrten.
Und schließlich könnte sich daraus eine religiöse
Technik entwickeln, die die Technik der Nuklearphysik
in den Schatten stellt. Und daraus könnte
sich neuerlich eine Situation ergeben, wie
die mit den Magiern der Pharaonen, gegen die
sich dann wieder ein echter Prophet erfolgreich
durchsetzen konnte, weil seine Authentizität die Fähigkeit der
magischen Angestellten in den Schatten stellen mußte und daraus könnte
die eine große Weltreligion hervorgehen, die mit der Wissenschaft
über alles Alte hinausgehen konnte in eine neue Dimension.
Der Tag nach diesen Spekulationen war echt spektakulär, einer der Ereignisknotenpunkte, wie sie sich so selten ergeben:
Am Morgen kaufte ich ein Buch über okkulte Phänomene in Tibet und dieses Buch vermehrte meine Zweifel über das, was ich hier erreichen konnte. Am Abend versuchte ich bei der üblichen Montagslektion Scheich Woachdan oder Scheich Ghafar zu treffen. Während ich wartete, kam der Fotograf des Magazins, für das ich inzwischen ein ausführliches Interview geschrieben hatte und machte einige Fotos zu dem Artikel und nach der Lektion zeigte mir Scheich Woachdan die arabische Übersetzung des Interviews. Er sagte, er hätte es drei mal gelesen und sehr gut gefunden. Wir vereinbarten dann als Termin für unser Gespräch den Freitag Abend.
Während wir noch sprachen, kam mein junger Freund Machmud mit drei Amerikanern, die die Tarieqa kennenlernen wollten, und ich dachte: Einer geht, ich, und drei kommen an seiner statt. Momente später gab mir Scheich Gamar zwanzig Pfund als Geschenk von Scheich Ghafar, wahrscheinlich für mein Interview mit dem Magazin.
Alle waren außergewöhnlich freundlich und während ich mit einigen anderen im Raum von Hussein saß, dem jüngsten Sohn von Scheich Mahmud Abu Bakr, kam ein Mann, der vom Land zu kommen schien, mit einer großen Zuckermelone und gab sie mir. Er sagte etwas auf arabisch, was ich nicht verstand, dann ging er. Die anderen erklärten mir, das wäre ein Magesup gewesen, der speziell mir ein Geschenk machen wollte. Die Szene erinnerte mich an die mit der Gemüsefrau in dem Buch "Ich ging den Weg des Derwisch". Ich wußte nicht, was ich davon halten sollte. Ich schickte einen um ein Messer und wir teilten die Melone auf und aßen sie gemeinsam. Sie war besser als alle Melonen dieser Art, die ich bisher gegessen hatte. War das mein Abschied oder ein Versuch mich zurückzuhalten? Ich fand keine Antwort, Alles würde von der Beantwortung meiner Fragen abhängen.
Ich wurde von Tag zu Tag ungeduldiger. Ich sah, wie die Zeit nutzlos verstrich. Ich glaubte, ich brauchte ein formales Training, aber bevor das beginnen konnte, mußten meine Zweifel beseitigt sein, weil sonst alle meine Anstrengungen in meinem inneren Widerspruch steckenbleiben mußten. Ich brauchte einen Beweis, daß dieser Weg hier nicht anderen Wegen, wie zum Beispiel dem buddhistischen unterlegen war, daß er nicht bloß in eine illusionäre Welt aus Gedankenformen führte - falls es überhaupt etwas anderes gab als das. Und falls alle Systeme dahin führten, mußte ich das wählen, das logisch am höchsten führen konnte.
Das Buch von Lobsang Rampa über Tibet gab mir die Idee, daß es eine Zeit gegeben haben könnte, in der die Naturgesetze nicht so gegolten haben wie heute, wo tatsächlich die Suggestionskraft eines Einzelnen für viele die Welt verändern konnte - das konnte sie ja sogar heute noch - und daß erst mit zunehmender Berührung zwischen den Völkern sich die Naturgesetze herauskristallisierten aus der logischen Analyse des Wahrgenommenen, von dem man jetzt nicht mehr wußte, daß es nur eine unbewußte Konvention war, daß die Realität das Geschöpf eines Menschen war, des sich vervielfältigenden Gottes. Und nun ging es darum, die Richtung umzukehren, und die Illusion aufzulösen, bis auf einer Zwischenstufe wieder alles möglich wird vor der Rückkehr zu dem einen, von dem alles ausgegangen ist. Das ging über Castaneda hinaus und ähnelte sehr den buddhistischen Geheimlehren der ersten Theosophen. Und sobald dieses Wissen, das jahrtausendelang von den Religionen gehütet worden ist, Allgemeingut wird, wie es heute geschehen könnte, und mehr und mehr Menschen es benützen, um zur Quelle zurückzukehren, könnte ab einem bestimmten quantitativen Punkt die gesamte Schöpfung in einem wirbelnden Strom zurückgerissen werden, beginnend also mit einzelnen Individuen, sich in geometrischer Reihe vermehrend, bis schließlich niemand mehr die Illusion der "Wirklichkeit" aufrechterhalten könnte. Eine Geschichte wie "Cats Cradle" von Vonnegut.
Am Freitag Abend, den ich so gespannt erwartet hatte, erschien Woachdan nicht. Wie um mich zu trösten, ließ er andere auch vergeblich warten. Irgendwie hatte ich damit gerechnet, daß er eine Ausflucht suchen würde.
Den ganzen Tag schon waren mir unangenehme Unaufmerksamkeiten passiert und nachdem ich vergeblich auf Scheich Woachdan gewartet hatte, traf ich die Frau von London, die von Scheich Mahmud Abu Bakr geträumt hatte.
"Du bist jetzt im Feuer", sagte sie, als ich ihr von meiner Zerrissenheit erzählte. "Und wenn du wegläufst, wird es nur schlimmer werden, denn dieser Weg hier ist der einzige und Mohammed ist das Siegel der Propheten. Ich habe mich unterworfen und in dem Geist komme ich hierher und küsse den Boden am Grab von Sydna el Hussein und ich gebe und gebe."
Sie hatte recht, ich war tatsächlich
im Feuer, zerrissen zwischen meinen unangenehmen Gefühlen dem Islam
dieser Prägung gegenüber und meiner
Unfähigkeit, einfach wegzugehen, weil ich fürchtete, dann ein
Jahr meines Lebens verschwendet zu haben. Aber was sollte ich machen? Die
Bilder, die auf die Leute hier wirkten, konnten mich nicht auf Dauer in
Schwung bringen. Aber auch wenn ich überlegte,
was Tibet mir bieten konnte, mußte ich mich fragen, ob die dort verwendeten
Bilder anziehender waren. Hatte ich nur Angst vor dem, was meine Freunde
in Österreich sagen könnten, wenn ich diesen "primitiven Arabern"
folgte, war es also nur meine Geltungsangst?
Ich suchte einen, mit dem ich reden konnte wie mit einem Vater, aber alle
hier vertraten nur ihre eigenen Interessen.
Mitte Juli fiel die sogenannte "Nacht der Kraft" im Ramadan, von der Mohammed gesagt hatte, die Erkenntnisse dieser Nacht wären größer wie die von tausend Monaten. Um die Hussein Moschee herum entstand ein Getümmel wie am Höhepunkt des Mulid und auch im Dar der Tarieqa gab es ein Festmahl für mindestens zweihundert Leute. Aber meine Erkenntnis machte keinen Fortschritt. Als ich am nächsten Vormittag aufwachte, waren alle wieder verschwunden.
Durch meinen vermehrten Kontakt mit Alfred wurde ich nun zu einem Essen bei der Mutter seiner Braut eingeladen. Sie ist eine Deutsche, die seit ihrem vierten Lebensjahr in Kairo lebt. Ein Bruder ihres Mannes war unter Abdel Nasr Ministerpräsident von Ägypten gewesen, in der damaligen V.A.R. Sie war eine sehr gebildete und weitgereiste Frau. Wir sprachen vorwiegend über den Islam, denn sie war die erste hier, der meine Vorstellungen nicht völlig fremd erschienen. Als ich ihr sagte, ich meinte das Buch im Himmel, von dem der Koran eine Version ist nach islamischer Auffassung, sei das kollektive Menschheitsbewußtsein, mit dem nur jemand in Kontakt treten könne, der sich mit der menschlichen Natur in Einklang gebracht habe, schien sie damit einverstanden. Aber auch sie meinte, um den Koran voll verstehen zu können, wäre es notwendig, arabisch zu sprechen.
Ramadan endete am 20. Juli und da bekam ich von Scheich Gamar wieder vierzig Pfund und ich konnte sie nicht abwehren mit dem Hinweis, daß ich selber genug Geld hatte, denn ich hatte nicht nur einen eigenen Rest, ich hatte auch das Geld von der Übersetzung und zusätzlich noch hatte mir Abd 'Rachiem dreihundert Dollar geschickt, weil er meine Anfrage nach Arbeitsmöglichkeiten in Saudi-Arabien als Geldnot interpretiert hatte. Die zwei Papierstücke, die Scheich Gamar mir gab, verbesserten daher meine Laune nicht, ein weiterer Bestechungsversuch, aber das, was ich wollte, die Antwort auf meine Fragen, wollte man mir nicht geben.
Ich traf auch Scheich Woachdan, aber er sagte, er fühle sich deprimiert, weil seine Großmutter gestorben sei und daher konnte er keine Fragen beantworten.
Ich ging also in die Stadt, um mich nach meinem Rückflug zu erkundigen, mit dem Ergebnis, daß ein Direktflug mit der Balkan-Air das günstigste war.
Unterwegs traf ich eine Gruppe von
Deutschen. "Dumme Touristen, die sich als
Araber verkleiden", dachte ich, als ich sie erblickte; in ihren Turbans
und Galabias sahen sie tatsächlich
aus wie im Faschingskostüm. Aber es interessierte
mich, warum die das machten, und so ging ich hin zu ihnen und sagte:
"Ihr seht ja aus wie richtige Sufis". Und
nun erst bemerkte ich, daß ich einen von ihnen kannte, es war der
ohne Kostüm, Achmed, ein Schauspieler
aus Berlin, den ich auf dem Sommercamp mit
Scheich Soltan Ali kennengelernt hatte.
Damals war er mir nicht allzu sympathisch gewesen, aber jetzt war es gut,
vielleicht, weil ich froh war, einen Bekannten zu treffen, vielleicht,
weil auch er froh war, jemand zu treffen, der ihn ablenkte von der Rolle
des Kindergartenonkels, die er jetzt spielte.
Als ich allen die Hände schüttelte, bemerkte ich, daß ich
noch einen zweiten kannte vom Begräbnis von Scheich Soltan Ali her.
Er war mir damals aufgefallen durch sein makelloses Sufi-Kostüm,
das mir den Eindruck machte, als wäre er Modell für eine Islam-Moden
Zeitschrift, aber er war der Musterschüler von Scheich Abdullah
aus Berlin, dem Rifai-Kollegen von Scheich
Soltan Ali. Achmed erzählte mir, er habe den Auftrag, den Scheich
der Rifais hier zu finden, anschließend
müsse er wieder zurück, die anderen wollten den ganzen Sommer
über in Ägypten bleiben. Ich begleitete
sie zum Hotel Hussein, wo die Gruppe wohnte,
und wir setzten uns ins Fischaui, um ein wenig
zu plaudern. Achmed hatte nicht viel Zeit
in Kairo, denn er wollte noch irgendwoanders Urlaub machen. Dann
erzählte er von einem früheren Urlaub bei einem Freund, der hervorragenden
Wein herstellt und es war amüsant, zu sehen, wie die turbantragenden
Jünglinge die Augen verdrehten bei der Vorstellung,
daß ihr Führer da Wein getrunken haben könnte.
Für mich lagen die Dinge so, daß ich in der kommenden Woche meinen Rückflug buchen wollte. Es war mir inzwischen schon fast egal, ob ich eine Antwort auf meine Fragen bekommen würde oder nicht. Es wurde mir immer klarer, daß die Dinge so waren, wie ich sie in meinem "Tausendundeinten Evangelium" beschrieben hatte, daß es daher für mich nur darauf ankam, da weiterzuarbeiten. Am 25. Juli fuhr Scheich Ibrahim wieder nach Khartoum und ich wollte mit Scheich Ghafar über meine Absicht sprechen, wieder nach Österreich zurückzukehren, wenn auch vielleicht nur für wenige Wochen. Abdel Nasr sagte mir, ich könnte Scheich Ghafar am Nachmittag in seiner Wohnung erreichen. So fuhr ich hin. Seine Wohnung wurde gerade umgebaut. Ich kannte alle, die da arbeiteten aus dem Dar. Man servierte mir zuerst ein Seven-up und nachdem ich es getrunken hatte, sagte man mir, Scheich Ghafar sei sehr müde und könne mich nicht empfangen. Ich ärgerte mich. Offensichtlich wollte man, daß ich schleunigst aus Ägypten verschwand. Wahrscheinlich lautete die Alternative, entweder ohne den Segen Scheich Ghafars nach Österreich zu fahren oder mich bedingungslos zu unterwerfen - nur, wie das gehen sollte, konnte ich mir nicht vorstellen. Meine Stimmung verschlechterte sich, umsomehr ich darüber nachdachte. Ich hatte schon mein halbes Leben in einer vergeblichen Suche verschwendet, aber ich konnte mich auch nicht einfach aufgeben.
Ich mußte wenigstens mit irgend jemand reden, dem ich vertrauen konnte. Da war Abdel Nasr. Ich fand ihn im Dar. Er erfaßte schnell, worum es ging, aber seine Antworten waren doch auch nur die üblichen Standardantworten, das, was jeder hier sagte über die Engel und Gabriel und die Schöpfungsgeschichte. Es war ein Fangenspielen und ich konnte ihn nicht dazu bringen, auf die Punkte einzugehen, auf die es mir ankam: die entmythologisierten Erklärungen, aber er sagte, er würde Scheich Ghafar anrufen und ihn bitten, mir zu erlauben nach Khartoum zu fahren, um nocheinmal mit Scheich Mahmud Abu Bakr zu sprechen. Er übersetzte dann sogar eine Viertelstunde von der Kassette mit Abd'Rachiems Version meiner Fragen an Maulana, dann war seine Kraft zuende.
Am nächsten Tag erfuhr ich, daß Scheich Ghafar, Woachdan, Fathalla und andere nach Khartoum fahren würden. Scheich Ghafar war im Dar und ich wartete wieder auf ihn, aber er hatte wieder keine Zeit; wieder erst im Vorbeigehen konnte ich ihm sagen, daß ich nach Österreich fahren wollte. "Fahr nur", sagte er. Und als ich ihn fragte, wie ich jetzt meine Fragen beantwortet bekommen konnte, sagte er: "Wenn du noch zwei Wochen warten kannst, wirst du die Antworten von Maulana selbst bekommen. Scheich Woachdan wird die Fragen mitnehmen und sie für dich stellen."
Damit war vorerst alles klar. Ich ging nach Hause, um noch weitere Fragen zusammenzustellen und am nächsten Tag überreichte ich sie Scheich Woachdan am Flughafen. Und erst jetzt sagte mir Woachdan, warum alle meine Versuche darüber zu sprechen erfolglos geblieben waren:
"Wir haben
die Antworten auf diese Fragen auch nicht gewußt,
deshalb konnten wir sie nicht beantworten.
Aber jetzt wird Maulana Scheich selber es
tun. Ich habe sie hier bei mir und gleich morgen werde ich sie ihm geben.
In ungefähr zehn Tagen sind wir wieder da.
Da kannst du sie haben."
Am nächsten Tag waren plötzlich wieder viele Leute um die Moschee von Sydna el Hussein. "Heute sind es genau sieben Tage seit dem Fest am Ende des Ramadan und da gibt es ein Nachfest für die, die ihr Fasten im Ramadan brechen mußten und dann einige Tage nachzuholen hatten", sagte man mir. Ich war in guter Stimmung.
Da meine Fragen jetzt bei Scheich Mahmud Abu Bakr waren, gab es keinen Grund mehr zu Nervosität und so konnte ich mir Zeit nehmen für die Gruppe der Rifais, die inzwischen auch in mein Hotel gezogen waren, weil ihnen das Hussein Hotel zu teuer war.
Achmed war inzwischen abgereist und die Verbliebenen hatten jetzt, nach einer Woche, schon mehr als genug von Ägypten. Sie fanden alles hier schrecklich unislamisch, besonders Raschid, der Musterschüler. Aber als sie sich im Flugbüro nach einer früheren Rückflugmöglichkeit erkundigten, wurden sie enttäuscht. Dafür müßten sie extra zahlen, hieß es. Ich versuchte, ihnen zu erklären, daß der Grund für ihre Enttäuschung nicht in der falschen Realität hier lag, sondern in ihren falschen Vorstellungen, wie meine eigenen Erfahrungen zeigten. Aber besonders Raschid beharrte darauf, daß es hier keinen Islam gäbe und daß sie daher hier bestimmt nichts lernen könnten und nur ihre Zeit sinnlos totschlagen müßten. Natürlich konnten sie auch das Essen nicht ausstehen und mußten chinesisch essen gehen. Sie waren entsetzt, daß die Leute hier vor und nach dem Gebet nur zwei Rakas Sunna beteten, anstatt der vier, die sie machten. Und am liebsten machten sie die Übungen ihres deutschen Scheichs Abdullah hinter verschlossenen Türen. Natürlich wurden sie schrecklich krank.
Nach etwa einer Woche kündigte der Hotelwirt zu allem Überfluß weitere Umbauarbeiten an und als sie das hörten, zogen sie sofort aus. Sie hatten inzwischen doch einen früheren Flug bekommen und zogen bis dahin in eines der billigen Touristenhotels im Geschäftsviertel, in der Nähe ihres chinesischen Restaurants. Ich habe sie nicht wieder gesehen.
Ich hatte inzwischen die Idee, daß meine Bestätigung von der Azhar-Universität mir eigentlich auch den Zwangsumtausch für das Flugticket ersparen müßte. Der Manager von Balkan-Air schickte mich daraufhin zur österreichischen Botschaft um eine Bestätigung, daß ich in ägyptischen Pfund bezahlt würde. Die Botschaft war schon geschlossen, so ging ich zum Kulturinstitut, wo mir Fräulein Balduin erklärte, daß diese Bestätigung der Botschaft nur für Botschaftsangestellte gelte, die ihr Gehalt von einem frei konvertierbaren Konto bekamen. Ich mußte also zur Azhar-Universität für meine Bestätigung. Aber Fräulein Balduin erzählte mir von einem Dr. Badr, der im Hochparterre sein Büro habe, und der den Journalisten Mohammed Said sehr gut kenne, der sich viel mit Österreich beschäftigt habe, und die beiden wären sehr interessiert an meiner Idee zu einem Film über die ägyptischen Heiligenfeste. Ich hatte ihr nämlich davon erzählt und ihr das Szenario gezeigt, das ich nach meinen Gesprächen mit dem Fernsehregisseur Machmud Toaon geschrieben hatte. Ich wollte nämlich nach meiner Rückkehr nach Österreich versuchen, eine Fernsehgesellschaft für die Sache zu interessieren, weil ich sicher war, daß sich in Europa für ein orientalisches Spektakel wie das eines Mulids, genügend Zuschauer finden würden, und durch Machmud könnte das Projekt auf ägyptischer Preisbasis durchgeführt werden. Außerdem konnte er an Orten filmen, die einem europäischen Team unzugänglich bleiben mußten.
Dr. Badr war geschäftlich verreist. Ich traf ihn dann kurz vor meinem Abflug. Er war ein streng orthodoxer Moslem, der die Heiligenfeste verurteilte, weil seiner Meinung nach im Islam Heiligenverehrung unzulässig war. Aber er machte das Angebot, daß er trotzdem nach meinen Anleitungen einen Videofilm herstellen lassen würde, gänzlich auf seine Kosten. All das erklärte er mir auf dem Weg zu einer geschäftlichen Besprechung in einer Bank. Dr. Badr sprach ausgezeichnet deutsch. Er sagte, er habe viele Jahre lang in Österreich gelebt und wäre dort mit der Schwester des Grazer Bischofs verheiratet gewesen, der aber schließlich seine Schwester dazu überredet habe, sich scheiden zu lassen, weil er fürchtete, die Verwandtschaft mit einem Moslem könnte seiner Karriere schaden. Er sei daher sehr interessiert an jedem Versuch, die Europäer über den Islam zu informieren. Und ich solle gleich nach meiner Rückkehr aus Österreich zu ihm kommen, damit wir alles Nötige vorbereiten konnten. Er würde mir auch behilflich sein, eine Wohnung zu finden undsoweiter.
Inzwischen hatte ich mir auch schon die Bestätigung der Azhar-Universität besorgt, daß ich in ägyptischen Pfund bezahlt würde. Es war schwierig, weil Abu Hattab auf Urlaub war. Er hätte eigentlich schon zurück sein sollen, aber, so wußte Fräulein Balduin, er war in einem kleinen Dorf eingeschlossen, in dem die Pest ausgebrochen war und die Quarantäne hielt ihn dort fest. Seine Assistenten an der Uni wußten auch nicht mehr. Als ich ihn einige Tage später besuchte, um mich zu verabschieden, sagte er, es habe keine Pest gegeben und auch keine Quarantäne.
Als ich nun mit meiner Bestätigung
zur Balkan-Air ging, hatte ich kein sehr gutes Gefühl, weil ich noch
nichts von Scheich Ghafar gehört hatte.
Andererseits war es notwendig, wenigstens
eine Woche im Voraus zu buchen und ich wollte meine Abreise nicht noch
länger hinauszögern. Ich war erleichtert,
als die Frau am Schalter mir erklärte, daß jetzt niemand
da sei, der mein Schreiben von der Azhar-Universität lesen könne.
Sie würde aber meinen Flug jetzt definitiv
reservieren, bezahlen brauchte ich ihn erst, wenn der Manager da sei, der
Tag vor dem Abflug wäre dazu früh genug.
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Nun konnte ich noch im letzten Augenblick
mein Reiseziel ändern und vielleicht nach Khartoum
fahren, falls sich das als nötig erweisen sollte wegen meiner Fragen.
Mit meiner Reservierung in der Tasche ging ich den Obersten Islamischen Rat suchen, weil mir verschiedene Leute gesagt hatten, daß ich da viele Bücher über den Islam finden würde. Jemand vom Touristenministerium hatte mir die ungefähre Stelle beschrieben, wo ich suchen sollte. In der Nähe der amerikanischen Universität. Dort fragte ich einen Polizisten. Ein Professor der amerikanischen Universität, der gerade daherkam, übersetzte für mich. Der Polizist schickte mich zu einem anderen Polizisten vor dem Bahnhof Bab el 0, der mich weiterdirigieren sollte. Als ich vor dem Bahnhof stand, ergoß sich gerade ein endlos erscheinender Menschenstrom aus seinen Toren und überflutete den Platz und die Straße davor. Ich flüchtete mich vor ein geparktes Auto, um nicht mitgerissen zu werden und wartete, bis die Leute sich verlaufen hatten, dann sah ich mich nach einem Polizisten um. Vor einem Tabakladen, der offensichtlich gerade Cleopatra-Zigaretten erhalten hatte, stand eine lange Menschenschlange - übrigens ist das der einzige Fall, in dem die Ägypter Schlange stehen, anstatt sich in einem wüsten Haufen beinahe gegenseitig zu erdrücken. Es gibt diese Zigaretten nämlich nur einmal am Tag und da gewöhnlich nur eine Packung pro Person. Die einzigen Polizisten weit und breit standen auch in der Schlange. Ich redete sie auf Englisch an, obwohl mir klar war, daß sie nichts davon verstehen würden. Ich hoffte auf die Umstehenden, die hier ja immer daran interessiert waren, sich in alles und jedes einzumischen. Der Polizist, zu dem ich sprach, sagte auch sofort "no", vermutlich sein einziges englisches Wort, aber wie erwartet beteiligten sich sofort alle in Hörweite am Raten, was ich wohl suchen könnte. Allerdings verstand mich keiner.
Da kam jemand von hinten an mich heran und begrüßte mich. Es war ein Ahmedi, der mich erkannt hatte und der sprach englisch. Nachdem ich ihm erklärt hatte, was ich wollte, führte er mich durch eine Markthalle mit Fleisch und Obst und noch einige schmale Gassen hindurch. Dann fragte er jemand, der uns erklärte es wäre gleich um die Ecke. Der Mann war offensichtlich hocherfreut, daß da ein Europäer den Obersten Islamischen Rat suchte.
Ich wunderte mich über das Gebäude,
in dem der Oberste Islamische Rat hauste, denn es war in einem ziemlich
schlechten Zustand. Der Portier schickte uns
nocheinmal ums Eck, wo eine Art Garage als
Buchladen eingerichtet war: die Buchhandlung des Obersten Islamischen
Rates. Es war kaum zu glauben. Die Anzahl
der fremdsprachigen Bücher war sehr gering, und nur Pamphlete wie
an den Schriftenständen unserer Kirchen. Als ich meiner Enttäuschung
über das geringe Angebot Ausdruck verlieh, sagte man uns, neben
dem Haupteingang wäre noch ein Raum, in dem alle in englischer Sprache
erhältlichen Titel aufgelegt seien. Es gab dort zwar mehr, aber alles
in der gleichen Art: Warum Mohammed so viele Frauen heiratete.
Warum die Welt den Islam braucht. Die fünf
Grundlagen des Islam undsoweiter. Nichts über
die Geschichte des Islam, das Leben des Propheten oder gar die Tarieqas.
Ich blätterte die verstaubten Hefte durch, die größtenteils
noch aus der Zeit Abdel Nasrs
stammten, mit seinem Bild vorn drin. Am liebsten hätte ich gar nichts
genommen, aber um die Leute nicht vor den Kopf zu stoßen, nahm ich
einen etwas umfangreicheren Band in deutsch
"Warum die Welt den Islam braucht". Mein Begleiter bezahlte für mich
die fünfzig Piaster, die es kostete und führte mich dann zu einem
Fruchtsaftstand um mir einen Mangosaft zu
kaufen. Dann trennten wir uns.
Ich wollte diese letzten Tage noch dazu benutzen eine Wort-für-Wort-Übersetzung des Aurad zu erhalten, aber auch da begegnete ich einem Widerstand, den ich nicht für möglich gehalten hätte. Einmal war es die Unfähigkeit der meisten, mit denen ich sprach, die Grammatik ihrer eigenen Sprache zu verstehen. Akademiker konnten Subjekt und Prädikat von Sätzen nicht finden, ganz zu schweigen von Objekten und Relationen der Relativpronomen, was bei uns jeder Hauptschüler weiß. Aber täglich zwei mal ratterten sie den Text herunter, mit kaum einer Idee von seiner Bedeutung. Sie konnten Geschichten erzählen zu verschiedenen Passagen des Aurad, die mit der grammatikalischen Bedeutung des Texts kaum etwas zu tun hatten. Besonders zu den Schlüsselstellen, den Höhepunkten im Text, bekam ich die widersprüchlichsten Übersetzungen.
Unausweichlich wurde ich wieder zu meinem Schluß geführt, der Islam führe die Menschen zurück ins Paradies, indem er ihren Geist verwirre und sie unwissend mache. Es war genau wie Lao-tse es beschrieb:
"Des Heiligen Menschen Regierung:
Er leert ihren Sinn
Und füllt ihren Bauch.
Er schwächt ihren Willen
Und stärkt ihre Knochen.
Ewig läßt er das Volk
Ohne Wissen, ohne Begehren
Und wirkt, daß die Klugen
Nicht wagen, zu tun."
Wenn sie unwissend waren, mußten sie fürchten und daher vertrauen. Sie hatten keine Wahl, als zu tun, was ihnen gesagt wurde und ohne Chance auf eine Antwort starben auch Fragen und Zweifel. Aber was konnte meine Funktion sein in so einem System? Sollte ich an der Verdummung des Volkes zu seinem Heil mitarbeiten oder sollte ich einfach weggehen von hier und die ganze Sache vergessen? Meine persönliche Struktur schien mir einfach unvereinbar mit dem Leben hier. Die Leute hier waren Feuer, ich war Wasser. Ich liebte es, in die Dinge einzudringen, die Leute hier wollten nur an der Oberfläche bleiben und die Dinge konsumieren, ich liebte die Vernunft, die Leute hier wußten nichts von Rationalität. Islam war der Weg zum Paradies, aber der Eintritt kostete den Verstand. Ich hatte das auch schon an einigen Deutschen bemerkt. Aber auch die biblische Ursünde war das Essen vom Baum der Erkenntnis und Jesus hat gesagt: "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in den Himmel kommen." Und sicher war es kein Zufall, daß die technologische Kultur alle Kinder, die noch übrig waren, die "Primitiven", umbrachte, so weit sie sich nicht rationalisieren ließen. Der Krieg der Israelis gegen die Araber war auch ein Prototyp dafür, aber es ging so überall, im afrikanischen Busch, im brasilianischen Urwald, in Kambodscha und auch im Kampf der meisten arabischen Regierungen gegen den Einfluß der Religion. Die mythologischen Geschichten von den Kindermorden zur Zeit der Geburt von Moses oder von Jesus fielen genau in das Muster. Nur waren die Nachfolger Jesu heute die Vorkämpfer gegen die Kinder und ich selber fand es unmöglich, mich von meiner Rationalität zu lösen. Ich verachtete die "primitive" Religionswissenschaft der Leute hier, die glaubten, wenn sie jahrelang den Fußboden am Grab von Sydna el Hussein küßten, würde ihnen Herr Hussein ein Auto schenken oder den ähnlichen Glauben der Tibetaner an ihre Gebetsmühlen. Und doch war eine reale Magie hinter dem Glauben in der Tarieqa, auch wenn es dazu erst Zugang gab, wenn man all den Müll des Aberglaubens ohne das Gesicht zu verziehen schlucken konnte. Mir grauste vor diese Medizin und doch wußte ich in meinen besten Stunden, daß ich zu nichts nein sagen brauchte.
Hier in Ägypten wäre es auch kein Problem gewesen, aber ich war aus Europa und ich mußte mit den Leuten dort fertig werden und ihre Fragen beantworten können. Wenn ich mich also darauf konzentrierte, was konnte daran falsch sein? Ich konnte meine kritische Einstellung nicht aufgeben. Es machte mich traurig, wenn ich an die dumm-glücklichen Sektierer in Europa dachte, die einem der vielen neuen Kulte verfallen waren und ihr Geistesleben darauf beschränkten.
Im Grunde war die Sache sehr einfach,
nur vergaß ich es immer wieder und mußte deshalb diese Depressionen
erfahren: Ich war in "Gottes" "Hand";
Castaneda sagte "abhängig von höheren Kräften", Lobsang
Rampa nannte es "Überseele", jedenfalls
etwas, über das ich nicht willkürlich verfügen konnte. Daher
hatte es keinen Sinn, Angst zu haben. Mißerfolge
wie Erfolge waren vergänglich und bedeuteten nichts in diesem Kontext.
Es hatte keinen Sinn, sich Sorgen zu machen.
Ich hatte ohnehin nur eine Wahl: Das zu tun, was ich für richtig hielt,
gleich ob die anderen das für himmlisch oder für teuflisch hielten.
Im letzten kam es nur darauf an, sich von allen Ablenkungen zu befreien.
Einige Tage vor meinem Abflugstermin sah ich Scheich Woachdan wieder. Er war sehr in Eile, aber er versprach ein Treffen für Freitag Abend, neun Uhr, zweiunddreißig Stunden vor meinem Abflugtermin. Ich wartete, aber um zehn war er noch nicht da. Ich bat also die Brüder, sich für mich zu erkundigen und erfuhr, daß Scheich Woachdan um elf in das Dar in Abbassia kommen wollte. Ich ließ mir den Weg beschreiben und fuhr hin.
Das Haus war neu renoviert, die Wände in einem schönen Gelb gestrichen, aber auch mit der klebrigen Ölfarbe wie im Dar bei Sydna el Hussein, nur noch ohne Fingerabdrücke. Eine ganze Reihe von Leuten saßen da, die ich fast alle kannte und auch mochte. Sie warteten auf Scheich Woachdan. Wir redeten bis es nach zwölf plötzlich hieß, Scheich Woachdan werde nicht mehr kommen. Die meisten gingen weg. Ich zeterte und versuchte, herauszufinden, ob er nicht doch noch wo zu erreichen wäre, denn am Morgen mußte ich mein Ticket abholen und bezahlen. Alle sagten, frühestens könnte ich ihn am nächsten Abend erreichen, denn er habe kein Telefon.
Ich war so frustriert, daß ich
sagte, sie sollten Scheich Woachdan ausrichten, am nächsten Tag hätte
ich keinen Bedarf mehr nach ihm. Einer der
eifrigsten Brüder der Tarieqa brachte
mich dann nach Hause. Er wollte wissen, was ich denn Scheich Woachdan
fragen wollte. Ich sagte ihm, Scheich
Woachdan hätte die Fragen selber nicht beantworten können, deshalb
hatte er sie an Scheich Mahmud Abu Bakr weitergegeben, wie könnte
ich da erwarten, von ihm nun eine Antwort zu bekommen. Trotzdem erzählte
ich ein wenig davon, nur um wieder die alten Sprüche zu hören,
die jeder hier aufsagen konnte.
Am nächsten Morgen ging ich Geld wechseln, dann holte ich das Ticket nach einem kurzen Abschiedsbesuch bei Sayida Seynab. Im Airline Büro gab es nocheinmal Schwierigkeiten, denn nun sagte man mir, wenn ich in ägyptischen Pfund zahlte, wäre das Ticket um zehn Prozent teurer. Und da war nichts zu machen, so sehr ich mich auch darüber beklagte, daß man mir das nicht früher gesagt hatte. Schließlich gab mir die Frau am Schalter zwanzig Prozent statt der üblichen fünfzehn Prozent Diskount, sodaß der Unterschied nur zwanzig Pfund betrug.
Dann ging ich Alfred besuchen in dessen neuer Wohnung am Tahrir-Platz. Die Maler wüteten dort. Zum Glück war Alfred an Ägypten schon gewohnt. Die Unfähigkeit und Achtlosigkeit der Arbeiter konnte ihn nicht mehr erschüttern.
Am Nachmittag kaufte ich Geschenke ein, dann ging ich ins Dar um auf Scheich Woachdan zu warten. Statt ihm kam Machmud Toson, der Fernsehregisseur und diktierte mir eine Liste seiner Filme und Fernsehserien, damit ich den Fernsehleuten in Österreich oder Deutschland etwas erzählen konnte über den Mann, der den Film machen würde.
Dann kam ein Anruf von Scheich Woachdan. Er erwartete mich im Dar in Abbassia. Es war inzwischen elf Uhr geworden, um fünf mußte ich am Flughafen sein und ich hatte noch nichts gepackt. Ich fuhr also nach Abbassia. Scheich Woachdan war inmitten der selben Leute, die auch am Vorabend dagewesen waren. Er sagte, seine Frau hätte sich nicht gut gefühlt und so habe er mich vergessen. Ich solle es aber nicht persönlich nehmen, denn er habe schon öfter Leute vergessen, einmal sogar eine Versammlung von zweihundert.
"Was willst du denn wissen?" fragte er dann, als hätte ich ihm nie die Liste mit meinen Fragen gegeben. Ich versuchte nun, mein Problem neu zu formulieren und begann damit, daß es mir so schwer fiel gewisse Dinge zu glauben, die hier in der Tarieqa allgemein angenommen wurden.
Die Diskussion, die darauf folgte, und an der sich alle lebhaft beteiligten, war sehr konfus. Wir redeten eine Stunde lang hin und her und schließlich schien sich als Ergebnis abzuzeichnen, daß ich eben entweder zum Christentum zurückkehren sollte oder jahrelang intensiv Aurad machen. Scheich Woachdan sagte, der Glaube sei keine Sache des Verstehens, sondern eine Sache des Herzens und wem es nicht gegeben sei, dem sei es nicht gegeben.
Ich versuchte immer wieder, zu erklären,
daß mein Problem nicht das Glauben an sich sei, sondern die hier
üblichen Interpretationen der Texte. Ich nannte Beispiele, aber die
Diskussion ging immer vom Hundertsten ins Tausendste ohne Fortschritt.
0: Inhaltsverzeichnis
1: Ein Lehrer
wird gebraucht und er erscheint
2: Der
Lehrer wird getötet und die Reise beginnt
3: Die
Fahrt
4: Bei
den Schülern des Lehrers des Lehrers
5: Die
Deutschen kommen
6: Der
Geburtstag von Sydna el
Hussein
7: Der
Scheich wird erwartet
8: Maulana
9: Was
nun?
11: Die
Antwort
Verzeichnis
der arabischen Ausdrücke